Letzte Chance

Fragen zur ISkO

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Letzte Chance

Beitragvon MonsieurL » 19. Jul 2016 12:43

Dieser Thread heißt so, weil er sich auf den gleichnamigen von Skatfuchs in "Leichtere Kost" bezieht, zu dem ich jedoch eine Regelfrage habe.

HelAu schrieb dazu:
Da VH aber schon 7 verlorene hat, würde ich bei den 33 mal sicherheitshalber den Schiri holen und befragen ob VH nicht abreizt ... besser sogar schon bei 27 ...

Genau das habe ich in einer ähnlichen Situation vor vielen Jahren in einem Turnier mal gemacht. Mein Gegenreizer hatte auch schon eine beträchtliche Zahl Platter (wieviel genau weiß ich nicht mehr, aber mindestens 5) und hielt schon wieder meine gebotenen 50. Daraufhin holte ich einen Schiedsrichter. Der fragte mich zunächst, ob der Reizvorgang abgeschlossen sei und als ich das verneinte, forderte er mich auf, weiterzureizen. Ich entgegnete, dass er sich doch erst mal die Karten meines Reizgegners angucken möge, da dieser schon mehrfach äußerst schwache Spiele durchgereizt und haushoch verloren habe. Das verweigerte er und nach einigen weiteren, beidseitig durchaus hitzigen Wortwechseln, gab er mir die gelbe Karte wegen versuchter Einschüchterung meines Kontrahenten. :(

Seine Aussage war, dass er als Schiedsrichter nicht in eine laufende Reizung eingreifen dürfe und erst nach Beendigung des Reizvorganges eine Entscheidung treffen könne. Das aber wäre aus meiner Sicht zu spät, da ich dann entweder Hand hätte spielen müssen oder das Spiel nicht bekommen hätte. Denn meines allerdings zugegeben nicht gerade profunden Wissens (vielleicht sollte ich deshalb besser das Wort Wissen durch Vermutung ersetzen :) ) kann eine Reizung nicht annulliert werden. Man kann lediglich einen Abreizer persönlich sanktionieren, z.B. durch eine gelbe Karte oder sogar einen Turnierausschluss. Liege ich da falsch und hat der Schiri richtig entschieden?
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Sifo-Dyas » 19. Jul 2016 14:08

Alleine der Begriff des Abreizens ist sehr sehr schwierig zu definieren.
Wir hatten vor gut 2 Wochen NRW-SchiRi-Obleute-Tagung und genau dieses Thema.
Und von einem LV-Obmann, seinem Vize und 10 VG-Obleuten, gab es etwa 12 verschiedene Definitionen des Abreizens.

Konsens hier war lediglich, dass ein Schiedsrichter nicht in laufende Reizungen eingreifen soll, sondern, dass lediglich persönliche Sanktionen gegen Spieler ausgesprochen werden sollen. Aber auch ich hätte dir die Entscheidung überlassen, ob du Hand reizt oder passt. Ob man dich allerdings verwarnen muss, wenn der *eingeschüchterte, arme Junge* bereits 7 tote hat, das muss der SR von damals für sich verantworten.

Abreizen ist im Regelwerk ja auch nicht näher definiert. Auch das ISkG schreibt in seinen Urteilsbegründungen regelmäßig (sinngemäß) "... es gibt defensivere und offensivere Spieler ...".
Solange, wie nicht fest definiert wird, was genau eigentlich Abreizen ist (regeltechnisch, nicht sinngemäß), wird man hier immer Probleme haben.

Aber was ist die Alternative? Bei der NRW-MM dieses Jahr saß ich mit einem guten Skatspieler am Tisch, der nach 5 Päckchen 1:6 stand. Er hat definitiv nicht abgereizt, er hat sowohl würdige Gegner gehabt als auch Pech mit Verteilungen.
Die Alternative wäre ja nur zu sagen "Nach XY verlorenen Spielen in einer Serie, ist immer ein Schiedsrichter hinzu zu ziehen. Von diesem wird der Spieler immer verwarnt, bei noch einem verlorenen Spiel, von der Serie ausgeschlossen. Im Wiederholungsfall wird der Spieler vom Turnier ausgeschlossen."
Das wäre die Einzige Möglichkeit wirklich gegen Abreizen vorzugehen - und das ist auch nicht der Weisheit letzter Schluss ...
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Re: Letzte Chance

Beitragvon John » 19. Jul 2016 14:52

Ist es denn nicht so, dass bei Meisterschaften die Spielleitung vorher verkündet: Bei 5 verlorenen eines Spielers müssen die Spieler entweder unterschreiben, dass kein Abreizen vorliegt, einen Schiri holen oder auf spätere Rechte verzichten. Zumindestens habe ich das noch vor Jahren mal so erlebt. Das ist doch eine brauchbare Lösung.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Sifo-Dyas » 19. Jul 2016 15:06

Diese Regelung ist mir zumindest vollkommen unbekannt, wenn ich sie auch nicht gerade schlecht finde.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Eric » 19. Jul 2016 18:06

Interessant, die 5 schwirrte vor kurzem auch zwischen mir und einem Schiedsrichterkollegen im Raum, als er meinte, das Stünde so in der ISkO ....

Er wusste nicht wo, war dann zu beschäftigt zum suchen , und ich hab es bisher auch nicht gefunden.

Eine "platte" Zahl halte ich aber für ungeeignet. Siehe zum Bsp. das Bsp. von Sifo-Dyas. Und es ist auch klar, dass jemand der eben nicht gerne einpasst am defensiven Tisch viel schneller bei 5 verlorenen steht, als jemand, der zwar mutig reizt, aber bei hoher Gegenreizung schon hellhörig wird und dann lieber weg geht.

Da sich Abreizen wohl niemals in ISkO-Paragraphen gießen lassen wird, wird es auch nie in die ISkO kommen.

Die Regelung, der Schiri solle in das laufende Reizen nicht eingreifen, halte ich für total verkehrt. Das ist genau der Punkt, wo man dem Abgereizten noch sein Recht zu Teil werden lassen kann.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon mr.kite » 19. Jul 2016 18:09

Ich muss zugeben, Abreizen ist etwas wo ich keine Ahnung habe wie man das sinnvoll betrachtet. Ich würde nur dann (als Schiedsrichter) von Abreizen sprechen, wenn der Reizer ein erkennbar unter bestmöglichen Voraussetzungen ungewinnbares Spiel reizt.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Taronga » 19. Jul 2016 18:30

Das mit dem Abreizen steht unter Punkt 16 in der Turnierordnung des DSKV (http://www.deutscherskatverband.de/file ... haften.pdf)
Und in der Sportordnung des DSKV steht unter 1.1 "Sämtliche Veranstaltungen aller Ebenen werden nach der Turnierordnung des Deutschen Skatverband e.V. (DSkV) durchgeführt." (http://www.deutscherskatverband.de/file ... rdnung.pdf)

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Re: Letzte Chance

Beitragvon mr.kite » 19. Jul 2016 18:33

Da steht "bei nachweislichem Abreizen". Was man unter Abreizen zu verstehen hat steht da nicht und auch sonst nirgends. In keiner Regel in keinem Urteil und keiner Schulungsunterlage.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Eric » 19. Jul 2016 19:37

Taronga hat geschrieben:Das mit dem Abreizen steht unter Punkt 16 in der Turnierordnung des DSKV (http://www.deutscherskatverband.de/file ... haften.pdf)
Und in der Sportordnung des DSKV steht unter 1.1 "Sämtliche Veranstaltungen aller Ebenen werden nach der Turnierordnung des Deutschen Skatverband e.V. (DSkV) durchgeführt." (http://www.deutscherskatverband.de/file ... rdnung.pdf)

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Supi, danke für die Aufklärung. Aber : Spielleitung, nicht Schiedsrichter soll/kann geholt werden.

Und dann bleibt die Frage des "nachweislichen" und der Zeitpunkt. Stelle mir das komisch vor.

Einer, der mir schon 5 abgereizt und alle verloren hat, gibt beim 6. immer noch keine Ruhe und reizt und reizt und reizt. Ich rufe die Spielleitung, die dann sagt "reizt erst mal zu Ende" um dann am Ende des Reizens zu sagen "so lieber X , jetzt bist Du Alleinspieler, Du hast aber abgereizt, und wirst jetzt verwarnt" - blöde. Da kann ich doch gleich noch im Reizvorgang das "bunte Treiben" unterbinden.

Das ein Spiel, das nicht gewonnen werden kann ( z.B. schwarz ohne Kreuzbube ) immer abgereizt ist, ist keine Frage. Aber wie wahrscheinlich muss es sein, dass de Alte eben liegt ( oder andere wichtige Karte ) ?

NO mit zwei zum Drücken ? Sicher kritisch , aber abreizen ? Wie ist es mit drei zum Drücken, wo eben einer der passenden die Drückung nicht mehr nötig macht ?
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Re: Letzte Chance

Beitragvon mr.kite » 20. Jul 2016 17:37

Eric, was soll es bitte nutzen, wenn der Schiedsrichter schon während des Reizvorganges eine Verwarnung ausspricht? Dann weiß der zweite Mitreizer nun "aha, der hat also nicht so arg viel" und kann daran sein eigenes Reizverhalten ausrichten. Sagt der Schiedsrichter "Ne, die Reizung geht in Ordnung" weiß der Mitreizer nun "Obacht, diesmal hat er wirklich was" - eine Information die er nur durch den Schiedsrichter bekommen konnte. Verwarnt der Schiri den "Abreizer" kann der andere Reizer nun seinerseits leichteren Herzens weiterreizen weil zumindest mal keine 4 Jungs dagegenstehen. Anders gesagt begeht der Schiedsrichter eine spielbeeinflussende Äußerung. Darum sollte ein Schiedsrichter nicht in einen laufenden Reizvorgang eingreifen.

Mal allgemein zum Thema Abreizen: Mich packt das kalte Gruseln wenn ich mir vorstelle, dass ein Schiedsrichteraus meiner VG darüber entscheiden sollte ob ein Spiel das ich (hoch) reize nun Abreize ist oder nicht. Nun bin ich selbst ja kein sonderlich starker Spieler, aber von unseren zur Zeit 16(?) Schiedsrichtern würde ich maximal dreien zutrauen halbwegs zuverlässig zwischen starken Grandansätzen und Fantasiereizungen zu unterscheiden.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon MonsieurL » 20. Jul 2016 18:17

Dass das Thema Abreizen/Mauern eines der schwierigsten beim Skat ist, sollte ein weiteres Beispiel verdeutlichen, welches ich bei Euroskat zu entscheiden hatte. Folgende Ausgangssituation: Zwei Spieler hatten vor dem letzten Spiel jeweils knapp über 1000 Pkt., also eine Punktzahl, die knapp für einen kleinen Preis reicht oder auch nicht. Nun traten beide in der Reizung gegeneinander an (der Dritte war chancenlos auf einen Preis und hielt sich raus, obwohl er ein reizbares Spiel hatte). Der eine von beiden hatte ein ausbaubares Farbspiel, der andere nur 9en und Damen. Selbst mit größter Fantasie ist mir keine Findung eingefallen, die ihm auch nur ein halbwegs gewinnbares Spiel ermöglicht hätte. Trotzdem hielt er tapfer dagegen, bis der Kollege sein Farbspiel nicht mehr spielen konnte.

Dieser reizte dennoch weiter und musste anschließend entweder Hand spielen oder auf eine gute Findung hoffen. Die Details wie die genaue Reizhöhe und was der AS gemacht hat, sind mir mittlerweile entfallen. Ich weiß nur noch, dass er sein Spiel verloren hat. Anschließend hat er sich das Spiel angeguckt unt wutentbrannt eine Beschwerde wegen Abreizens geschrieben.

Ich habe diese Beschwerde abgewiesen, obwohl er mit seiner Behauptung, es sei abgereizt worden, vollkommen richtig lag. Der Grund für meine Entscheidung war relativ einfach. Beide lagen im Clinch um die Preise und beide wussten, dass wenn der andere ein Spiel gewinnt, sich die eigenen Chancen aufs Preisgeld deutlich reduzieren. In so einer Situation ist eine Reizung auch ohne entsprechendes Blatt m.E. als taktisches Mittel anzusehen und deshalb nicht sanktionswürdig. Der Beschwerdeführer - ein sehr guter Spieler - hat meine Argumentation sogar eingesehen. Eine solche Erfahrung macht man als Beschwerdeadmin bei abgewiesenen Beschwerden nicht allzu oft.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Blackmancity » 21. Jul 2016 13:56

MonsieurL hat geschrieben:Ich habe diese Beschwerde abgewiesen, obwohl er mit seiner Behauptung, es sei abgereizt worden, vollkommen richtig lag. Der Grund für meine Entscheidung war relativ einfach. Beide lagen im Clinch um die Preise und beide wussten, dass wenn der andere ein Spiel gewinnt, sich die eigenen Chancen aufs Preisgeld deutlich reduzieren. In so einer Situation ist eine Reizung auch ohne entsprechendes Blatt m.E. als taktisches Mittel anzusehen und deshalb nicht sanktionswürdig. Der Beschwerdeführer - ein sehr guter Spieler - hat meine Argumentation sogar eingesehen. Eine solche Erfahrung macht man als Beschwerdeadmin bei abgewiesenen Beschwerden nicht allzu oft.


Empfinde ich als vollkommen richtig. Er hat sich treiben lassen und der andere hat in dem Fall clever taktiert. Ausserdem sollte er mit 1xxx vorher anders gereizt haben :D
An dieser Stelle müsst ihr euch einen pfiffigen lateinischen Spruch vorstellen!
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Re: Letzte Chance

Beitragvon marvin » 21. Jul 2016 20:21

Tja, da kann man sicher geteilter Meinung sein. Für mich bedeutet Abreizen, dass man zu dem gebotenen bzw. gehaltenen Reizwert keinerlei Aussicht hat, ein Spiel zu gewinnen. Wenn man die taktische Komponente berücksichtigen will, wie in dem Beispiel von MonsieurL, dann könnte man das auch in folgender Situation machen:

Ein Spieler hat drei Spiele in Folge gewonnen. Beim nächsten reizt er wieder, wird aber abgereizt - mit der Begründung: Ich will seinen Lauf zerstören.

Am Ende kann man für jedes Abreizen eine Begründung finden. Dann wäre es nur konsequent, diese Bestimmung ersatzlos zu streichen.

Aber solange sie existiert, muss sie irgendeinen Sinn haben. Schön wäre es, wenn ein dazu befugtes Organ mal erklären würde, wie sie genau anzuwenden ist.

Im Übrigen halte ich es durchaus für sinnvoll, Abreizen zu unterbinden. Stell dir vor, bei einer Einzelmeisterschaft sitze ich in der letzten Serie an einem Wackeltisch und habe nach der halben Serie keine Chance mehr auf die Qualifikation. Aber mein Vereinskamerad am Nachbartisch steht noch recht passabel. Um seine Chancen zu erhöhen, reize ich nun kontralogisch: Schwache Blätter will ich unbedingt, bei einem starken Blatt passe ich nach gehörter 18. Ziel ist es, die Mitspieler zu schädigen um meinem Kameraden zu helfen. Oder wäre das dann in euren Augen auch schon ein legitimes taktisches Mittel?
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Re: Letzte Chance

Beitragvon John » 21. Jul 2016 22:30

Das Problem ist doch, dass man sich scheut, eine zugegeben schwierige Definition für Wettbewerbe hinzukriegen. Beschwerden und Klagen über Abreizen und Mauern bleiben so einer individuellen Auffassung vorbehalten, die Begriffe werden daher zu inflationär gebraucht. Für manchen ist es legitim, des eigenen oder sogar des Clubvorteils wegen anders, bzw. kontraproduktiv im Sinne von einem einzigen Spielzu reizen. Für andere ist es bereits abgereizt, wenn man ein schwaches Herz bis 20 reizt, damit den AS zu einem Karohand zwingt, das er verliert.

Eine Lösung sehe ich nur darin, eine Verpflichtung zu formulieren, was beim Reizvorgang denn zu beachten ist und was verboten ist. Klar, das ist nicht einfach, klingt zunächst auch schwammig; aber dafür sollte es ja die Spezialisten geben, die die Schwammigkeit beseitigen könnten, wenn sie nur wollten.

Meine persönliche Lösung: Reizvorgänge hinnehmen, jedenfalls solange sie nicht ohne Zweifel und bösartig gegen jemand direkt gerichtet sind und Diskussion über angeblich unreizbare Spiele mit krbu pibu hebu kabu beispielsweise vermeiden.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Steven » 22. Jul 2016 00:09

Das Hochreizen eines Spieles halte ich immer für ein legitimes und taktisches Mittel. Skat ist m.E. auch Taktik und dementsprechend würde ich irgendwelche Regulierungen (wie z.B. von John geschildert) klar ablehnen.

Mir stinkt es schon, dass der Mannschaftskapitän nur 1x pro Serie rumgehen darf um Anweisungen zu geben. Das nimmt den Mannschaftswettbewerben m.E. eine interessante Komponente.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon John » 22. Jul 2016 00:34

Es ist nicht so, dass ich unbedingt für solche Regulierungen bin. Ich meine nur, man braucht hier einen klaren Standpunkt. Entweder man sagt: Jeder kann unter allen Umständen reizen oder passen, wie und was er will. Dann haben aber die ewigen Diskussionen und Anfeindungen wegen des Reizverhaltens keinen Platz in einem von Sportlichkeit geprägten Turnierbetrieb mehr. Oder aber man trifft Regelungen.

Aber diese Mischung und das Hintenrumgeschimpfe dazu vertreibt nur Leute.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon HelAu » 22. Jul 2016 09:18

Steven hat geschrieben:Das Hochreizen eines Spieles halte ich immer für ein legitimes und taktisches Mittel. Skat ist m.E. auch Taktik und dementsprechend würde ich irgendwelche Regulierungen (wie z.B. von John geschildert) klar ablehnen.

Solange man selbst irgendwelche Vorteile durch das Hochreizen erzielen kann gebe ich Dir Recht. Es gibt aber auch Fälle in denen der "Hochreizende" nur noch aus Frust oder weil er den GS nicht leiden kann reizt und dann wirds unsportlich.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Skymaster » 22. Jul 2016 09:39

was ist schlimmer ?
1. Abreizer
2. Mauern
Wer anreizt und verliert ist selbst schuld.
Spiele wo nur 100% angereizt werden
sind viele eingepasste dabei.
Zähl' Trumpf und Augen allemal, so hast du nie die "Qual der Wahl", ob Abzuwerfen oder Stechen, und must für's Spiel nicht auch noch blechen!
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Re: Letzte Chance

Beitragvon MonsieurL » 24. Jul 2016 19:26

Ausnahmsweise halte ich es beim Thema Abreizen/Mauern sogar für sehr weise von den Regelhütern, keinen klaren Standpunkt zu formulieren.

Speziell wir Deutschen leben oft in der Annahme, mit möglichst vielen eindeutig formulierten Regeln Gerechtigkeit schaffen zu können. Das funktioniert m.E. aber nur partiell. Und beim Thema Abreizen/Mauern eindeutig nicht.

Würde man definieren wollen, wann ein einzelnes Spiel abgereizt ist, müsste man sich über jedes Gesetz wissenschaftlicher Definitionen hinwegsetzen. Denn diese erfordern Vergleichbarkeit. Wie aber sollte man die herstellen? Sollte man eine Prozentzahl festlegen, die ein Spiel Gewinnwahrscheinlichkeit haben muss? Wer sollte die dann ermitteln? Das würde sogar Stephen Hawkings vermutlich überfordern, von einem normalen Schiedsrichter ganz zu schweigen. Ich hätte nicht mal eine halbwegs plausible Idee, wie die Grenze da festgelegt werden sollte.

Sollte man in die Regeln schreiben, dass ein Spieler pro Liste nur eine bestimmte Anzahl an Spielen verlieren darf? Das führt doch genausowenig zum Ziel. So gut wie jeder langjährige Skatspieler hat schon Listen gehabt, in denen er sechs bis acht Spiele verloren hat, von denen nicht eines auch nur im Verdacht stand, abgereizt gewesen zu sein. Legt man aber 10 oder mehr Spiele als Grenze fest, kann man sich die Regel auch gleich sparen, weil sie in der Praxis ganz selten Anwendung findet. Außerdem würde man dadurch viele Spieler ungeschoren davon kommen lassen, die eindeutig unfair abgereizt haben, aber weniger Spiele verloren haben.

Dazu kommt noch, dass ein Spieler ein abgereiztes Spiel nicht bekommen haben muss. Ich habe durchaus schon Listen gespielt, in denen jeder Spieler mindestens vier Spiele verloren hat, aber nur einer zweifelhaft gereizt hat. Die anderen waren "Opfer", weil sie ständig hochgetrieben wurden.

Nach meiner Überzeugung hilft bei dem Thema nur eine Einzelfallprüfung, bei der ein Schiedsrichter auch ein wenig Fingerspitzengefühl braucht. Und die Hilfe der Spieler am Tisch. Schließlich hat er ja von den Spielen, die gelaufen sind, bevor er gerufen wurde, nichts mitbekommen und muss sich auf die Aussagen der Beteiligten am Tisch verlassen. Im Zweifel kann er nur den Rest der Liste den Spieler beobachten.

Als Grundlage für seine Entscheidung halte ich gewissermaßen eine Mischung aus den Ideen von Steven und HelAu für sinnvoll. Taktische Reizungen müssen erlaubt sein, aber wenn ein Spieler schon einige Spiele verloren und keine Chance mehr auf einen Preis oder einen Qualiplatz hat, sollte ihm eine gewisse Zurückhaltung beim offensiven Reizen nahegelegt oder notfalls auch aufgezwungen werden.

Beste Grüße vom Monsieur
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Steven » 25. Jul 2016 00:04

@ Helau

Es fällt mir schwer Frust in Einklang mit Taktik zu bringen. Und natürlich ist sowas nur möglich, wenn man selbst irgendwie spielen könnte und bei einem Abwinken nicht voll auf die Nase fällt....oder aber die GS so weit einschätzen kann, dass man weiß, sie lassen sich heben. :wink:

Am 4. Spieltag habe ich in der zweiten Mannschaft meines neuen Vereins in der Oberliga ausgeholfen. Dort war solch eine Vorgehensweise - zu meinem Leidwesen - überhaupt nicht vorhanden. Wobei es sicherlich auch ein Fehler wäre, diese Ligastufe als Maßstab zu nehmen... :tot:
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Re: Letzte Chance

Beitragvon marvin » 25. Jul 2016 10:06

@ MonsieurL: Ich stimme dir zu, dass man Abreizen nicht exakt definieren kann. Aber man könnte sich wenigstens mal die Mühe machen zu beschreiben, was man mit diesem Begriff überhaupt meint und ein paar Beispiele geben, wie man damit umzugehen hat.

Derzeit fühle ich mich als SR vollkommen überfordert, was diesen Punkt angeht. Es wird zwar irgendwo gesagt, dass Abreizen böse ist, aber mir werden keinerlei Instrumente an die Hand gegeben, anhand derer ich feststellen kann, ob Abreizen vorliegt.

Und nochmals zum Thema taktisches Reizen: Wer mit einem absoluten Gurkenblatt eine Bluff-Reizung abgeben will, soll lieber Pokern. Mit Skat hat das meines Erachtens wenig zu tun.
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Re: Letzte Chance

Beitragvon ThomAss » 25. Jul 2016 11:35

marvin hat geschrieben:Derzeit fühle ich mich als SR vollkommen überfordert, was diesen Punkt angeht. Es wird zwar irgendwo gesagt, dass Abreizen böse ist, aber mir werden keinerlei Instrumente an die Hand gegeben, anhand derer ich feststellen kann, ob Abreizen vorliegt.


Das ist auch schwierig, weil immer subjektiv und vom aktuellen Stand abhängig.
Abreizen liegt für mich idR (ja das ist schon wieder eine Einschränkungen) dann vor, wenn der Reizer
1. chancenlos im Turnier ist und / oder gleichzeitig 5 Platte stehen hat und
2. eine Karte reizt, die man nur theoretisch oder mit 2 Bomben im Skat gewinnen kann. Wenn z.B. nur 4 oder weniger Karten im Skat liegen können, von denen man aber eine besser 2 finden muss, um zu gewinnen, ist man im Bereich des Abreizens. Hier scheitert es aber schon am Erkennen dessen und einer richtigen Einschätzung über das Blatt, weil eben auch hohe spieltechnische Kenntnisse des Schiris benötigt werden oder
3. eine Karte reizt, die offensichtlich nicht gewonnen werden kann, und nur gereizt wird, um einem anderen Spieler das Spiel zu nehmen.

und
1. noch Chancen im Turnier hat aber
2. eine Karte reizt, die offensichtlich nicht gewonnen werden kann, nur um einem anderen Spieler das Spiel zu nehmen.
3. eine Karte reizt und noch Chancen im Turnier hat, aber bereits 5 Platten stehen hat, die man nur theoretisch oder mit 2 Bomben im Skat gewinnen kann. Wenn z.B. nur 4 oder weniger Karten im Skat liegen können, von denen man aber 2 finden muss, um zu gewinnen, ist man meiner Meinung nach ebenfalls im Bereich des Abreizens.

Die Möglichkeiten sind bestimmt noch nicht vollständig, weil es auch oft so "Zwischendinger" gibt, die durch das / mein Raster fallen würden, aber ebenso zum Abreizen gehören würden.
Deswegen müsste man die Liste bei genauem Hinsehen wohl noch erweitern / ergänzen bzw auch das geschriebene noch in Feinheiten abändern.

Aber wahrscheinlich hagelt es jetzt schon Kritik für mich, das selbst darüber unterschiedlicher Meinung sein kann, was auch völlig ok ist. :-)
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Eric » 25. Jul 2016 13:25

mr.kite hat geschrieben:Eric, was soll es bitte nutzen, wenn der Schiedsrichter schon während des Reizvorganges eine Verwarnung ausspricht? Dann weiß der zweite Mitreizer nun "aha, der hat also nicht so arg viel" und kann daran sein eigenes Reizverhalten ausrichten. Sagt der Schiedsrichter "Ne, die Reizung geht in Ordnung" weiß der Mitreizer nun "Obacht, diesmal hat er wirklich was" - eine Information die er nur durch den Schiedsrichter bekommen konnte. Verwarnt der Schiri den "Abreizer" kann der andere Reizer nun seinerseits leichteren Herzens weiterreizen weil zumindest mal keine 4 Jungs dagegenstehen. Anders gesagt begeht der Schiedsrichter eine spielbeeinflussende Äußerung. Darum sollte ein Schiedsrichter nicht in einen laufenden Reizvorgang eingreifen.



Sir, diesem Argument kann ich sogar durchaus folgen.

Was natürlich nicht sein kann, dass der Schiri erst nach dem Spiel hinzugezogen wird, und es dann noch Diskussionen gibt, welche Karte der vermeintliche Abreizer hatte.

D.h. , wenn eine/r glaubt, ein anderer reizt ab, wird der Schiri gerufen und selbst wenn bis zu dessen Eintreffen weitergereizt wird, darf das Spiel vor dessen Eintreffen nicht begonnen werden.
Der Schiri hat sich die Karte des "Abreizers" einzuprägen, und nach dem Spiel sein Urteil zu fällen. Dies kann meiner Meinung nach, da von einem Nachteil für einen anderen ausgegangen werden kann und sonst laut ISkO keine Sanktionen möglich sind, bei einer "positiven Probe" nur eine Verwarnung und eben im Wiederholungsfall ein möglicher Turnierausschluss sein.

Ich persönlich sehe "Abreizen" nicht als Taktik sondern als Unsportlichkeit, die geahndet gehört.

Abreizen ist für mich immer gegeben, wenn ein Spiel unter keinen Umständen zu gewinnen ist.

Und eigentlich auch schon, wenn die Gewinnbarkeit von einer bestimmten Karte abhängt. ( Also zB. liegt Kreuz 7 habe ich immer gewonnen, liegt Kreuz 7 nicht, kann ich auch nicht gewinnen o.Ä. ).
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

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Re: Letzte Chance

Beitragvon MonsieurL » 25. Jul 2016 18:48

Meines Wissens kommt der Begriff Abreizen/Mauern in der gesamten ISkO überhaupt nicht vor. Man kann also einen Abreizer/Maurer nur nach dem sogenannten Fairnessparagraph 4.5.2. sanktionieren:

Alle Teilnehmer haben sich in jeder Situation fair, sachlich und sportlich zu verhalten und kein fadenscheiniges Recht zu suchen.

Aus diesem notwendig allgemein gehaltenen Paragraph Handlungsanweisungen in Bezug auf Abreizen/Mauern für Schiedsrichter abzuleiten, ist schlichtweg unmöglich. Also hat sich mein Vorgänger im Amt des Beschwerdeadmins bei Euroskat an das Skatgericht mit einer Anfrage gewendet. Er hat ein Blatt, das seines Erachtens grenzwertig gereizt war, eingeschickt und nachgefragt, wie die Reizung zu bewerten sei.

Die Antwort des leider verstorbenen Peter Luczak (dessen Kompetenz ich sehr geschätzt habe) war für meine Begriffe erwartungsgemäß. Er hat kein einziges Wort zur Reizbarkeit des Spieles geschrieben. Seine Aussage war lediglich, dass jeder Spieler einen anderen Spiel- und Reizstil und dementsprechend eine unterschiedliche Risikobereitschaft habe. Wieviel Risiko ein Spieler einzugehen bereit sei, sei jedem selbst überlassen. Daraus folge, dass man niemandem vorschreiben könne, wieviel Spiele er gewinnen oder verlieren darf.

Aus dieser Antwort kann man schon ermessen, dass die Hürden für eine Sanktionierung von Reizverhalten extrem hoch sind. Dazu schrieb er, dass bestimmte taktische Situationen auch Abweichungen vom normalen Reizstil nahelegen können. Das wiederum erlaubt die Interpretation, dass taktisch bedingte Reizungen sehr wohl statthaft sind. Wie weit das allerdings geht, dazu hat er sich naturgemäß nicht geäußert (das bekannte Problem: wo zieht man die Grenze).

Für mich ist diese Antwort auch schlüssig. Ich will an einem weiteren Beispiel versuchen klarzumachen, warum. Vor einigen Jahren kämpften zwei Mannschaften bei der DMM der ISPA in der letzten Serie um den Titel. Die eine musste 4 Wertungspunkte aufholen, um die andere noch abzufangen. Sieben Spieler hatten ihre Listen beendet und in den Mannschaften wurden die Ergebnisse in Windeseile ausgerechnet, um ihrem jeweils letzten Spieler noch Infos zukommen zu lassen. Dabei errechnete der Spieler der Mannschaft, die aufholen musste, ein enges Rennen um die 6, 4 und 2 Punkte. Für den verbleibenden Spieler bedeutete das, dass er taktisch nicht flexibel war, weil er im Falle eines Spielverlustes auf 4 Punkte zurückfallen würde (gegenüber einer Mannschaft, die keine Chancen auf den Titel mehr hatte). Also passte er. Nun machte aber der Spieler des Konkurrenten ein Gewinnspiel, so dass diese Mannschaft noch auf die 4 Punkte kam und Meister wurde.

Die Crux an der Sache war, dass sich sein Mannschaftskamerad beim Zusammenzählen um 1000 Spielpunkte verrechnet hatte. Er hätte sich somit locker einen Spielverlust in beliebiger Höhe erlauben können, ohne die 6 Punkte zu gefährden. Um Meister zu werden, hätte er nur jeden Reizwert des Konkurrenten halten müssen. Das hätte der Spieler auch gemacht, wenn er richtig informiert worden wäre.

Wäre das dann unfair gewesen? In meinen Augen absolut nicht. Die Mannschaft hatte sich schließlich den großen Vorsprung ehrlich und sauber erspielt, der ihr diese taktische Maßnahme ermöglicht hätte. Warum also sollte sie ihn nicht nutzen?

Witzigerweise gab es ein paar Jahre danach eine ähnliche Situation. Auch hier musste eine Mannschaft 4 Punkte aufholen, um noch Meister zu werden. Bereits zur Halbzeit war ihr Vorsprung so groß, dass sie um die 6 Punkte nicht mehr fürchten musste und sich darauf konzentrieren konnte, den Konkurrenten auf unter 4 Punkte zu halten. Einige Spieler dieser Mannschaft haben dies mit allen Mitteln versucht. Darunter auch sehr grobes und offensichtlich bewusst schlechtes Spiel bei Spielen der beiden anderen Mannschaften. Es hat trotzdem ganz knapp nicht geklappt.

Als diese Mannschaft bei der Siegerehrung auf Platz 2 aufgerufen wurde, habe ich keine Hand zum Applaus gerührt. Im Gegenteil, ich habe Buh gerufen (da ich nicht laut pfeifen kann :D ). Und ich war nicht der einzige im Saal. Wäre diese Mannschaft Meister geworden, hätte ich bei ihrem Aufrufen demonstrativ den Saal verlassen. Denn hier sind die Grenzen des FairPlay m.E. weit überschritten worden.
MonsieurL
 
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Re: Letzte Chance

Beitragvon Skatfreund » 25. Jul 2016 20:09

Normalerweise bin ich in den Bereichen „Regelwerk“ u.ä. sowie in den Kategorien „Skat online“ und „Sonstiges“ nur als stiller Leser unterwegs. Allerdings möchte ich mich heute ausnahmsweise einmal zu den Themen „Abreizen“ und hier am Rande auch schon angerissen „Taktik“ äußern, da mich genau diese Thematik vom ligagebundenen Spielbetrieb weggetrieben hat.

Viele hier verfasste Artikel zeigen schon, wie schwierig es ist, jemanden des Abreizens zu beschuldigen. Ich selbst würde mich als kontrollierter Offensiv-Reizer bezeichnen. So habe ich etwas mehr als zehn Jahre auch in einer Mannschaft gespielt, welche dem DSVK angeschlossen war/ist. In dieser Zeit durfte ich auch mehrmals an Deutschen Meisterschaften teilnehmen.

Aus diesen Erfahrungen heraus, möchte ich hier den aktuellen Beitrag von MonsieurL als genau auf den Punkt beschrieben, hervorheben. Ich durfte auch mehrmals mit dem Kollegen Peter Luczak zusammenspielen und wie es der Zufall wollte, gleich bei meiner ersten Hessischen Einzelmeisterschaft. Da der gesamte Tisch recht flott spielte, hatten wir nach der Serie noch ein wenig Zeit und wir diskutierten eben dieses Thema des Reizens recht ausführlich. Seine Aussagen waren deckungsgleich mit der von MonsieurL geschilderten schriftlichen Anfrage.

Leider stellte sich in den Folgejahren heraus, dass diese taktischen Elemente in dem Ligaspielbetrieb in meinen Augen zu sehr die Spieltage prägten. Mindestens bei der Hälfte einer Serie „rannten“ die Spielführer von Tisch zu Tisch, um die einzelnen Punkte der Mannschaften aufzuschreiben. Leider wurde das von Spieltag zu Spieltag immer schlimmer, was darin gipfelte, dass teilweise sogar gegen Ende der Serie(n) öfters neue Anweisungen gegeben wurden. Das dies nach dem Reglement nicht hätte sein dürfen, ist mir bewusst, aber dennoch wurde es gemacht.

Obwohl wir mittlerweile höherklassig spielten, merkte ich, dass ich keine Lust mehr hatte, Skat auf diese Art und Weise zu spielen und so entschloss ich mich, dem Vereinsleben ganz den Rücken zu kehren. An anderer Stelle hatte ich in der Vergangenheit bereits einmal geschrieben, dass ich nur noch mit Freunden Cent-Skat ohne Listen spiele. Hier fühle ich mich wohl, denn bisher ist meine Erfahrung, dass hier sehr ordentlich gereizt wird, weil jedes Spiel eine „neue“ Chance bietet.

Mein Fazit ist, dass in Meisterschaftsgebundenen Wettbewerben wohl damit gerechnet werden muss, dass „Reizen“ und „angepasste Spielweise“ als zulässiges Mittel wohl kaum zu verhindern sein wird, ja gar zum Handwerk einer guten Mannschaft gehören sollten, um erfolgreich zu sein. Somit sollte man sich entweder entsprechend anpassen, es (stillschweigend) akzeptieren oder halt aufhören.

Beste Grüße vom Skatfreund, der immer noch sehr gerne in angenehmen Runden Skat spielt. :bia:
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