Fadenscheiniges Recht

Fragen zur ISkO

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Fadenscheiniges Recht

Beitragvon Taronga » 10. Sep 2012 18:23

Wie schon im Thread "Grand mit Scherz" geschrieben, sucht der AS dort meiner Meinung nach fadenscheiniges Recht. Aber es werden da auch einige gegenteilige Meinungen vertreten.

Mich würde daher interessieren, was ihr so unter "fadenscheinigem Recht" versteht, möglichst mit Beispiel.

Lieben Gruß
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon ThomAss » 10. Sep 2012 19:23

Ziemlich schwierig, dass für alle Fälle passend zu formulieren. Ein Beispiel habe ich gerade nicht parat, wobei in den veröffentlichten Skatgerichtsentscheidungen bestimmt was zu finden ist.

Allgemein und ich denke in fast 100% aller Fälle wird fadenscheiniges Recht von einem Spieler dann gesucht, wenn er das Spiel ohne Ausnutzung von Regeln nicht mehr gewinnen kann.
Es gibt sicher ein paar einzelne Fälle, in denen ein Spieler auch dann fadenscheiniges Recht sucht, obwohl er / bzw. seine Partei immer gewinnt.

Das verstehe ich unter fadenscheinigem Recht. Wobei das sagt ja die Begrifflichkeit an für sich schon aus, das Wort fadenscheinig ist halt irgendwie vordefiniert. :-)
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon ThomAss » 10. Sep 2012 19:27

Vielleicht hilft es ja, für die kommende Diskussion :-)
Hier noch ein Link zu Synonymen zu "fadenscheinig":
http://synonyme.woxikon.de/synonyme/fadenscheinig.php
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon Eule » 10. Sep 2012 20:01

"Beiträge eines gesperrten Benutzers sind hier unerwünscht!! Derjenige wurde daher wieder gesperrt. -- Mod." - und ich hab den Beitrag von Eule deswegen gelöscht. Gruß Taronga
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon mr.kite » 10. Sep 2012 20:17

Die wichtigste und meiner Meinung nach einzigst relevante Fallgruppe ist die: Der Alleinspieler (oder auch Gegenspieler), der die andere Partei durch Täuschung, (Drohung; zugegeben ein eher seltener Fall) etc zu einem Handeln, bringt kann sich auf die für ihn positiven Folgen einer Handlung nicht berufen. Beispiele:

- AS kürzt kommentarlos ab. Ein GS wirft die Karten weg. Der AS kann sich hier nicht auf gemeinsame Haftung berufen. [Finde ich gerade nicht, ich suche aber weiter]

- AS spielt Null-Ouvert und hat Karo-10 zwischen den Herzen einsortiert. Ein GS gibt auf. Der AS kann sich wieder nicht auf gemeinsame Haftung berufen. [Finde ich gerade nicht, ich suche aber weiter]

- GS fragt: Wer kommt raus? AS (fälschlicherweise): Du!; AS kann sich nicht auf Spielgewinn aufgrund falschen Aufspieles berufen. [Fall 3 zu 4.5.2]

- GS spielt Pik-Bube. AS in HH zeigt MH seinen Karo-Buben, MH schmiert ein As. Der AS nimmt statt des Karo-Buben lieber den Alten. Der AS darf sich nicht darauf berufen, dass das ausgespielte As nicht zurückgenommen werden darf (MH darf eine andere Karte legen). [Fall 5 zu 4.5.2]

- AS gibt nach dem Zusammenwerfen der Karten zu, sich überreizt zu haben. Er darf sich nicht auf Verfristung (4.5.10 ISkO) berufen. [Fall 2 zu 4.5.2]

Die Karten oder Gewinnchancen des jeweiligen Spielers spielen dabei keine Rolle.

Edit: Entscheidungen zu den Fällen ergänzt.
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon marvin » 10. Sep 2012 20:59

Die Beispiele von mr.kite haben für mich wenig mit fadenscheinigem Recht zu tun. Vielmehr handelt es sich um Fälle, in denen eine eigentlich eindeutige Vorschrift außer Kraft gesetzt wird, weil derjenige, der sich auf diese Vorschrift beruft, vorher denjenigen, der gegen die Vorschrift verstoßen hat, getäuscht hat.

"Fadenscheiniges Recht suchen" bedeutet für mich, dass jemand
a) versucht, eine Vorschrift auf eine Situation anzuwenden, für die sie nicht passt oder nicht gedacht ist
b) eine Handlung, die nur im entferntesten Sinne als Verstoß gegen eine Vorschrift interpretiert werden kann, mit ebendieser Vorschrift sanktioniert haben will.

Für die erste Fallgruppe braucht man keine extra Regel - denn das sollte eigentlich zum Handwerkszeug eines Schiedsrichters oder Schiedsgerichts gehören, die passenden Regeln zu finden und alle unpassenden Forderungen abzuwehren. Deshalb glaube ich, dass 4.5.2 in die ISkO eingefügt wurde, um eine Handhabe gegen die zweite Fallgruppe zu haben.

Beispiel: VH spielt eine Karte aus. Der Gegenspieler in MH zieht dann eine seiner Handkarten leicht heraus (ohne dass sie sichtbar wird), steckt sie zurück und legt eine andere. Kann man so interpretieren, dass er seinem Partner signalisieren wollte, dass er mehrere Karten der angespielten Farbe hat. Kann aber auch sein, dass er sich einfach vergriffen oder im letzten Moment umentschieden hat. Wenn nun der AS einen Verstoß gegen 4.2.9 moniert, dann würde ich das ohne nähere Hinweise ablehnen, eben weil es jede Menge andere Erklärungen für diesen Vorgang geben kann und man nicht hinter jeder Kleinigkeit gleich einen Regelverstoß sehen sollte.
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon mr.kite » 10. Sep 2012 21:23

marvin hat geschrieben:"Fadenscheiniges Recht suchen" bedeutet für mich, dass jemand
a) versucht, eine Vorschrift auf eine Situation anzuwenden, für die sie nicht passt oder nicht gedacht ist
b) eine Handlung, die nur im entferntesten Sinne als Verstoß gegen eine Vorschrift interpretiert werden kann, mit ebendieser Vorschrift sanktioniert haben will.


Es tut mir Leid marvin, aber ich kann das nicht nachvollziehen. Ich habe Deine Fälle niemals in Zusammenhängen mit 4.5.2 ISkO entdecken können. Das Skatgericht weigert sich offenbar strikt, sich dieser Interpretation zu nähern. Auch weigert sich das ISkG strikt auf die Gewinnbarkeit oder Schwere eines Regelverstoßes einzugehen - es prüft nur das Vorliegen. Im Gegensatz dazu sieht das Skatgericht sehr wohl den Zusammenhang zwischen fadenscheinigem Recht und Täuschung. In nahezu allen Fällen der Entscheidungssammlung, in denen das ISkG 4.5.2 erwähnt, waren zunächst Täuschungen vorausgegangen und der Täuscher durfte sich deswegen nicht auf bestimmte Regelungen berufen. Dazu zählen meine Fälle, denn meine oben aufgeführten Fälle (und einige mehr) sind nur über 4.5.2 lösbar - auch wenn Du das leugnest. Und wenn diese Fälle für Dich nichts mit 4.5.2 zu tun haben hast Du eine sehr exklusive - aus meiner Sicht unvertretbare - Ansicht.
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon Gerd W. » 8. Okt 2016 12:23

mr.kite hat geschrieben:- AS spielt Null-Ouvert und hat Karo-10 zwischen den Herzen einsortiert. Ein GS gibt auf. Der AS kann sich wieder nicht auf gemeinsame Haftung berufen. [Finde ich gerade nicht, ich suche aber weiter]


Ein Profi legte zum Preisskat so einen NO auf. Ein "alter Hase" griff in die Karten.
Der AS verlangte Spielgewinn, ein MS akzeptierte dies und das Spiel wurde unter Protest als gewonnen angeschrieben.
Der AS erhielt später den 2. Platz.
Der "Greifer" beschwerte sich jedoch hinterher beim Veranstalter.
Beim nächsten Preisskat wurde vor dem Auslosen eine kleine Rede gehalten und aus der Skatordnung zitiert:
- Karten sind zu sortieren - der Profi muss das wissen.
- § Fairness
- Leichenreden wurden auch thematisiert obwohl hier nicht direkt anwendbar aber beide neigen auch dazu schwächere Spieler wegen Fehlern "niederzumachen", wodurch schon mehrere nicht mehr kommen.

Fazit: der AS und der duldende Mitspieler wurden verwarnt und des Betrugs bezichtigt.
Die Liste wurde korrigiert und der AS auf Platz 6 damit zurückgestuft - er musste das Geld wieder herauszahlen. Sperrungen erfolgten nicht.
Ev. eine freiwillige "Selbstsperre" :wink: , man wird sehen.

mfg
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon John » 9. Okt 2016 11:05

Standpunkt von Marvin"Fadenscheiniges Recht suchen" bedeutet für mich, dass jemand
a) versucht, eine Vorschrift auf eine Situation anzuwenden, für die sie nicht passt oder nicht gedacht ist
b) eine Handlung, die nur im entferntesten Sinne als Verstoß gegen eine Vorschrift interpretiert werden kann, mit ebendieser Vorschrift sanktioniert haben will.



Antwort von MrKite: Es tut mir Leid marvin, aber ich kann das nicht nachvollziehen. Ich habe Deine Fälle niemals in Zusammenhängen mit 4.5.2 ISkO entdecken können. Das Skatgericht weigert sich offenbar strikt, sich dieser Interpretation zu nähern.


Irgendwie passt die Antwort nicht zum Statement. Dass nahezu jeder Schiedsrichter, vielleicht auch jedes Mitglied des ISKG und wohl auch viele der regelinteressierten Skatspieler eine andere Meinung zur Bedeutung des 4.5.2. und seinen Anwendungsbereich haben, liegt wohl in dessen Wortlaut und seiner optisch herausgehobenen Position.

Man kann natürlich hier anderer Meinung sein wie Marvin - ich selbst teile absolut seinen Standpunkt - mit konkreten Entscheidungen in Einzelfällen hat das aber nur weniger zu tun.

Was nun deine Fälle anbetrifft, MrKite, so mag man ja durchaus in einer Urteilsbegründung hierzu den 4.5.2. erwähnen. Ja, er ist es sogar, der eben für solche Urteile eine nachvollziehbare Begründung liefert. Dies schließt aber nicht aus, dass nicht auch andere Entscheidungen mit ihm begründet werden können, oder?
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon Gerd W. » 9. Okt 2016 12:46

Tut mir leid John dass es nicht zum Thema passte. Ich hatte mir den NO mit der Suchfunktion herausgepickt weil ich genau diese Hand gerade suchte. :? :?:
Zuletzt geändert von Gerd W. am 9. Okt 2016 13:44, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon John » 9. Okt 2016 13:39

Mit dem Zusammenpassen von Statement und Antwort meinte ich nicht dich, sondern direkt Marvin und MrKite. Ich finde deinen "Fall" als interessante Thematik dafür, wenn man - plötzlich - genau, übergenau oder eben noch eine Stufe drüber "eine Handlung, die nur im entferntesten Sinne als Verstoß gegen eine Vorschrift interpretiert werden kann, mit ebendieser Vorschrift sanktioniert haben will" nach der Regel spielt, am Clubabend und dann Schirientscheidungen braucht und Vorsitzende, die Reaktionen des Nichtmehrkommens abbiegen müssen.
Ein böser Vergleich: Auch eine Straßenverkehrsordnung, die ganz toll, durchdacht und bis ins Kleinste alles reguliert, verliert dann ihren Sinn, wenn es keine Straßen und keine Verkehrsteilnehmer mehr gibt.

Ich hoffe nur, dass es der Skatordnung nicht so ergeht.
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Re: Fadenscheiniges Recht

Beitragvon Eric » 12. Okt 2016 20:41

Über den 4.5.2 hatten wir in letzter Zeit ja schon viel diskutiert.

Und es stellt sich natürlich die Frage, warum das ISkG wenn es, was ihm ja zusteht, mit seiner "letztinstandlichen" Rechtssprechung zu 4.5.2 solche Tatbestände nur bei Täuschung gegeben sieht, man die ISkO nicht ändert.

Dann braucht niemand mehr überlegen, was ist noch fair, was nicht. Wann ist ein Recht fadenscheinig , wann nicht. Eine erfolgte oder versuchte Täuschung lässt sich denke ich viel leichter erkennen.

Dann gibt es auch keinen Streit mehr wegen der paar Pissnelken, die in den Augen mancher (hier) eben "nur" unfair agieren, und in den Augen anderer (hier) eben nicht.
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

Ein Weiser schätzt kein Spiel, wo nur der Zufall regieret.
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