Du kommst raus

Fragen zur ISkO

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Du kommst raus

Beitragvon John » 19. Jan 2017 11:22

Gewissermaßen eine Variation eines längst geurteilten Falles, die sich gestern so ereignet hat.

Clubabend: 3 Spieler, die unterschiedliche, jedoch durchwegs "laienhafte" Einstellungen zu Feinheiten des Regelwerks haben. Ich als KG (ehemaliger Schiedsrichter).

MH bekommt nach beendetem Reizen das Spiel, nimmt auf, drückt und sagt Grand an.

HH sagt "du kommst raus". Daraufhin spielt MH aus.

Als KG treffe ich folgende Aussage: "Ich habe in Richtung HH geblickt und er hat einwandfrei bei seiner Aussage VH angeschaut." VH bestätigt dies, MH sagt, dass er die Aussage gehört hat, aber nicht gesehen hat, wen HH angeschaut hat. MH räumt auch sofort Spielverlust ein. Die GS erwägen Weiterspiel, ich soll entscheiden.

Ich habe so entschieden, wie ich als Schiri entschieden hätte. Nämlich auf Spielverlust AS aufgrund meiner eigenen Aussage und der der 3 Spieler.

Dazu 2 Zusatzfragen:

a) Hätten die beiden GS ohne Einverständnis des KGs auf Weiterspiel bestehen können?

b) Spielt es eine Rolle, dass HH generell ein "impulsives" Spielverhalten an den Tag legt und eine Bemerkung "du kommst raus", auch wenn sie eindeutig an VH gerichtet ist, durchaus - von wem auch immer - als "Hinweis" verstanden werden kann? Gewissermaßen unabhängig von der "regeltechnischen Korrektheit" für diejenigen, die ihn kennen, einen Verstoss gegen den 4.2.9. darstellen kann?
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Re: Du kommst raus

Beitragvon Kantholz » 19. Jan 2017 12:44

wenn ich als AS ein Spiel ansage, hier Grand, und einer sagt " du kommst raus" , dann darf ich auch unschädlich falsch ausspielen.

Es zählt immer noch das gesprochene Wort, denn ich habe eine Ansage gemacht und darf das " du kommst raus" als im Zusammenhang mit meiner Ansage bzw. als Dialog werten.

Um hier Spielverlust einzufordern ist wesentlich mehr seitens der GP erforderlich, als jemanden anzuschauen.

Dazu gehört mindestens noch eine eindeutige Geste, zB. Sagen und Zeigen. Und dies auch nur, wenn der AS zu diesem Zeitpunkt nicht durch irgendwelche objektiven Einflüsse abgelenkt war.
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Re: Du kommst raus

Beitragvon John » 19. Jan 2017 13:31

So einfach sehe ich das aber nicht. Gerade, um die Problematik voll aufzuzeigen, habe ich meinen Zusatz über das generelle Verhalten von HH geschrieben. Es ist einfach Fakt, dass in der Situation für alle am Tisch unstrittig war, dass HH mit seiner Aussage VH gemeint hat. Hätte MH die Bemerkung so interpretiert, wie ich es getan habe, VH sie aufgefasst hat und HH spontan oder absichtlich gemeint hat, dann hätte er auf Spielgewinn reklamieren können und ihn vielleicht, wahrscheinlich, auch bekommen. Aber bei falschem Ausspiel - ohne vorherige Rückfrage und bei eindeutigem Nicht-gemeint-sein - einfach den "Dialog" auf sich zu beziehen?

Die GS bekommen ja den Spielverlust nicht wegen des "Anschauen von jemandem", sondern dies ist ein Indiz dafür, dass VH als berechtigter Ausspieler aufgefordert wurde. Hätte HH MH angeschaut, wäre die Entscheidung natürlich anders ausgefallen. Selbst bei einer anderen Wortwahl "Na, dann spiel mal aus" oder so und damit ein Bezug zur Ansage erkennbar wäre, könnte man die Sache anders beurteilen, meine ich.

Aber "du....." benötigt schon bei einem Urteil eine klare Entscheidung, wer damit gemeint ist.
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Re: Du kommst raus

Beitragvon Kantholz » 19. Jan 2017 15:04

die Ansage " du kommst raus" ist von allen Beteiligten gehört und zur Kenntnis genommen worden.

Der "Blick" jedoch zumindest vom AS nicht.
Lt. Regelwerk zählt das gesprochene Wort und nicht Blicke oder Kopf kratzen.

Der AS sagt Grand an und ein GS sagt du kommst raus, also spiele ich als AS (unschädlich) aus.
Der AS hätte sicher fragen können, ob er gemeint sei, muss er aber nicht. Er hat aber dann den Nachteil seiner sichtbar und zurückzunehmenden Karte zu erdulden.

Der GS wiederum tätigt hier eine missverständliche Aussage, die erst mit Blick vermeintlich "komplett" wird..

Es steht nirgendwo im Regelwerk, dass neben dem gesprochenen Wort noch unterstützende Gesten erforderlich sind, um den gemeinten Sachverhalt herzustellen.
Dem zufolge kann ich missverständliche Gesten nicht zur Entscheidungsgrundlage über Gewinn/Verlust eines Spieles machen (in dem Zusammenhang hier).
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Re: Du kommst raus

Beitragvon Eric » 22. Jan 2017 22:35

Ich kann hier Kantholz gut verstehen, ich glaube ich hätte als Schiedsrichter auch versucht, irgendeinen gangbaren Weg gegen den Spielverlust zu finden und hätte mit geärgert, wenn mir dieses durchaus plausible Argument von Kantholz nicht eingefallen wäre.

Man stelle sich nur vor, der AS wäre in VH und HH sagt "Du kommst raus zum AS", dann legt der seine Karten auf den Tisch und behauptet, HH hätte mit dieser Aussage MH vom unberechtigten Ausspiel abgehalten.... :mrgreen:

Passend zum Thema. Gestern Preisskat , Dreiertisch. AS in MH , hat gedrückt und sein Spiel angesagt und hat schon eine Karte in der Hand, ist auf sein Blatt fixiert, schaut also niemanden an. Ich sage, wie ich meine deutlich und vernehmbar, "Du bist aber nicht vorne" , da ich aus dem Augenwinkel die angezogene Karte sehe. Dann kam mein schlechter Moment, und , obwohl ich sehe, dass er die Karte nicht zurücksteckt, unterlasse ich es, "handgreiflich" zu werden ( ich ärgere mich heute noch über mich selbst ). Wenige Millisekunden später liegt seine Karte auf dem Tisch. Mein Partner, der in der Zeit die der AS seine - unberechtigte - Ausspielkarte wählte, locker hätte ausspielen können, wollte natürlich auch nicht, dass der AS die Karte zurücknehmen darf.

Danach sagte der AS, er häbe mich gehört, aber verstanden "Du BIST vorne". Und siehe da, für ihn, der seine Augen auf das Blatt gerichtet hatte, war es selbstredend, dass nach "ich spiele Kreuz" eine solche Aussage auf ihn gemünzt war.....
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

Ein Weiser schätzt kein Spiel, wo nur der Zufall regieret.
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Re: Du kommst raus

Beitragvon mr.kite » 22. Jan 2017 22:54

Wer "Du kommst raus" partout auf sich selbst bezieht - egal ob AS oder GS - ist nichts als ein Egozentriker. Das ist an sich nichts schlechtes, liefert aber auch keine Begründung für die Rechtfertigung eines Regelverstoßes. Hätte HH von "Selbst ist der Mann" oder "dann spiel mal vor" gesprochen könnte man argumentieren, dass diese Wortwahl sich auf die AS-Eigenschaften des AS bezieht. "Du" kann sich aber von der Kellnerin über den KG bis hin zum Spielleiter des DSkV (soweit man mit denjenigen per Du ist) auf jeden beziehen.

kantholz hat geschrieben:Lt. Regelwerk zählt das gesprochene Wort und nicht Blicke oder Kopf kratzen.
Dieses Zitat wäre mir beinahe entgangen. Gibt es für diese streitbare Ansicht auch irgendwo einen Anhaltspunkt?

Zusatzfragen:
a) Hätten die beiden GS ohne Einverständnis des KGs auf Weiterspiel bestehen können?
MMn ja. Ich würde auch hier die gemeinsame Haftung (4.1.6 iVm 3.5.2 ISkO) anwenden, auch wenn nur ein GS Weiterspiel verlangt. Hierzu würde ich aber gerne mal eine Entscheidung lesen.

b) Spielt es eine Rolle, dass HH generell ein "impulsives" Spielverhalten an den Tag legt und eine Bemerkung "du kommst raus", auch wenn sie eindeutig an VH gerichtet ist, durchaus - von wem auch immer - als "Hinweis" verstanden werden kann? Gewissermaßen unabhängig von der "regeltechnischen Korrektheit" für diejenigen, die ihn kennen, einen Verstoss gegen den 4.2.9. darstellen kann?
Grundsätzlich ja. Aber da muss bei dem an sich unverfänglichen Wortlaut schon eine gute Begründung kommen, warum es sich hier um eine spielbeeinflussende Äußerung handeln soll.
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Re: Du kommst raus

Beitragvon John » 23. Jan 2017 00:30

Ich denk mal, dass sich Kantholz auf Fälle wie diesen bezieht, in dem ein angereizter Spieler seinen Kopf schüttelt, bevor der Reizer jedoch den Skat nehmen kann, "habe ich" antwortet. Worte können also Gesten korrigieren. In dem Fall hier ist aber eben das gesprochene Wort für sich allein nicht eindeutig - wie Mr. Kite ja überzeugend ausführt. Die Zuordnung des "du" wird aber eben klar durch die eindeutig festgestellte Blickrichtung.
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Re: Du kommst raus

Beitragvon Kantholz » 24. Jan 2017 10:51

Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie ihr beiden Spaßvögel als Leiharbeiter beim ISkG den Fall bewerten würdet.

Höchst amüsant die Vorstellung, wenn ihr den bösen Blick nebst Egozentriker mit der Keule ins Vorschriftenwerk einschlagt.

Das ist Spitze !
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