Grand Ouvert?

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Grand Ouvert?

Beitragvon Bad_Goose » 27. Feb 2017 22:05

Folgender Fall kam in einem anderen Forum auf.

MH und HH passen.

VH legt wortlos folgende Karten vor sich sortiert auf den Tisch.

heas he10 hebu he08 he07
kaas kako ka09 ka08 ka07

Der Kartengeber deckt darauf unaufgefordert dem Stock auf krbu pibu

Mittelhand wirft darauf hin seine Karten auf den Tisch.

VH erkennt die beiden blanken roten Damen bei MH und sagt den verdutzten Mitspielern Grand Ouvert an.

Korrekt?

Es kann natürlich sein, das dieser Fall hier schon einmal auf kam. Dann bitte ich nur um Verlinkungen zum Tread.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon mr.kite » 28. Feb 2017 09:34

Ja, ich würde VH den GO anschreiben. Das war einfach clever... und das soll bitteschön auch belohnt werden.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Skatfuchs » 28. Feb 2017 10:11

Hallo,

Ein Spiel beginnt bekanntlich mit der Spielansage und die wurde hier nicht getätigt.
Insofern ist eine Spielansage als Grandouvert durchaus zulässig und die beiden GS haben das ja verbockt.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon John » 28. Feb 2017 10:24

Dass sogenannte Cleverness belohnt werden soll, hat man hier schon öfter gelesen.
Grundsätzlich habe ich ja nicht einmal etwas dagegen. Gleichzeitig aber wird immer von einem fairen Skatspiel geschrieben; das eben deshalb so fair sei, weil Lücken im Regelwerk "clever" ausgenützt werden dürfen und damit der "bessere" Skatspieler mit Recht belohnt werden soll.

Meinetwegen soll er seinen GO haben und den manchmal als Prämie ausgesetzten Geldbetrag auch.
Ihm wird eine Freude gemacht und alle diejenigen, die dann den beliebten und oft an völlig widersinniger Stelle angewendeten Spruch "das hat doch mit Skat nichts zu tun" gebrauchen, werden schon überzeugt werden, wenn MrKite oder andere die Entscheidung exakt durch das Regelwerk begründen.

Meine Entscheidung: Die Ansage des GO ist ein Verstoss gegen den 4.5.2. VH hat ein HerzHand mit 3 Schneider, Schwarz gewonnen. Der KG ist zu verwarnen und im Wiederholungsfall vom Spiel auszuschießen.

Ein cleverer Skatspieler ist für mich einer, der Regeln beachtet, die für ein sinnvolles Skatspiel unbedingt nötig sind; und dazu gehört - neben dem 4.5.2. - z. B. der 4.5.4. Dass man es in den Jahrzehnten seit Abfassung der SKO noch nicht geschafft hat, Verstöße anders zu bestrafen als durch Spielentscheidung oder Spielausschluss (Androhung und Durchführung) ist schon ein Armutszeugnis. Da hat uns - glaube ich jedenfalls - das Regelwerk des Bridge einiges voraus.

Garantiert: Kein KG, der den Skat anschaut, wird das ein zweites Mal tun, wenn ihm 100 Minuspunkte abgerechnet werden, die als 2 verlorene Eigenspiele auch noch zu bezahlen sind.

Das wäre doch einmal eine sinnvolle Regeländerung.
Zuletzt geändert von John am 28. Feb 2017 10:42, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Bad_Goose » 28. Feb 2017 10:43

Einen Herz mit 3, Hand, Schneider schwarz auf zu schreiben sehe dann aber als genauso sinnlos wie den GO.

Ein Spiel, was ohne Kenntnis des Stocks und der Kartenverteilung nicht gewinnbar wäre.

Wenn man auf 4.5.2 entscheidet, dann müßte man ihm doch eher den NOH aufschreiben, ein Spiel, das auch ohne Kenntnisse der anderen Karten gewinnbar, bzw. gewonnen ist.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon mr.kite » 28. Feb 2017 10:53

Eine (gültige) Spielansage ist unabänderlich. Auch nicht durch den Schiedsrichter. GO ist (ohne den Skat selbst eingesehen zu haben) eine gültige Spielansage. Hier kann es nur darum gehen, das angesagte Spiel gewonnen oder verloren zu schreiben mMn.

Ich sehe hier auch keinen Verstoß gegen 4.5.2 (und selbst wenn sehe ich nicht was das ändern sollte). Worin sollte dieser denn bestehen?
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Kantholz » 28. Feb 2017 11:06

je länger ich hierüber nachdenke, desto mehr Zweifel habe ich am GO.

Ist das Spiel, das ja gar keines ist, weil noch nicht angesagt, mit dem Aufdecken des Skates nicht sofort beendet?
Und zwar unabhängig vom Hinwerfen der Karten seitens der GS?

Müsste jetzt nicht ein Schiri gerufen werden, der anhand der Karte des AS jetzt ein gewonnenes Spiel für den AS wählt, was nach Lage der Dinge nur NOH sein kann?

Den müsste ein Schiri gerufen werden, so kann dieser weder den Skat (weil Hand) noch die GS karten berücksichtigen, sondern lediglich die Ausgangskarte des AS.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon John » 28. Feb 2017 12:15

Das sehe ich - ausnahmsweise :D :D - mal ganz ähnlich wie Kantholz.

Allerdings gehe ich davon aus, dass VH bei gereizten 18 durch die von ihm nicht verschuldete Kenntnis des Stockes weder ein Nachteil noch ein Vorteil entstehen sollte. Das wäre für mich Skat, wie er sein sollte. Wenn schon so ein Mist wegen des Verhaltens des KG passieren sollte.

Welche realistischen Optionen hätte denn nun der AS bei 18 und ohne Kenntnis des Skat?

Natürlich einen NO mit 59.
Dann ein Handspiel, Karo oder Herz; im Endeffekt bringt ihm dies mehr. Weiß er nicht, aber die Entscheidung hätte er durchaus so treffen können - wenn sie ihm der KG nicht genommen hätte.
Natürlich auch durchaus realistisch: Skataufnahme: Dann natürlich wäre es ein Grand mit 3, Schneider, Schwarz. Man könnte ihn ja fragen, und wenn er dann "clever" ist, was sich in dem Falle mit "ehrlich" durchaus decken könnte, hätte er auf Skataufnahme entschieden.

Aber ihm einfach zuzubilligen, die Kenntnis voll auszunützen und ein unrealistisches Spiel gewonnen zu bekommen, so mögen die Interpretatoren der ISKO entscheiden oder diejenigen, die glauben, durch ihre Rechtsprechung dem Skat einen Gefallen zu tun, ich würde es nicht tun, wenn ich richten müsste (was immer noch gelegentlich vorkommt).
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Schelldaus » 28. Feb 2017 13:20

Hallo zusammen,

ihr sucht aber auch immer die kuriosesten Fälle heraus :ja:

Das Spiel wurde ordnungsgemäß gegeben. Nach dem Passen von MH und HH ist der Reizvorgang beendet, denn VH darf den Skat auch ohne 18er Ansage aufnehmen. Eine Spielansage ist noch nicht erfolgt, allerdings hat VH alle seine Karten auf den Tisch gelegt. Nach 4.1.2 darf er die Karte unabhängig von der noch folgenden Spielansage nicht mehr zurücknehmen.

Jetzt nimmt die Gegenpartei, in dem Fall der Kartengeber unberechtigterweise den Skat in die Hand und legt diesen offen hin. Damit haben wir einen klaren Verstoß gegen 4.5.4. Folgen wir nun den Verweisen aus 4.5.4 gelangen wir zu 4.2.8. Dort steht im letzten Satz "Für den Spielausgang sind die Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 anzuwenden. Und 4.1.6 gibt dem AS das Recht, die schuldige Partei zum Weiterspiel zu verpflichten. Mit dem Wissen der beiden Buben aber dem weiterhin bestehenden Zwang, dass der AS seine aufgelegten Karten nicht aufnehmen darf, kann der AS auf ein Weiterspiel nach einer Spielansage bestehen. Er würde aber aller Wahrscheinlichkeit bei der NOH bleiben, da ein offenes Farbspiel kaum zu gewinnen ist und er ja offen spielen muss.

Jetzt begeht die Gegenpartei aber noch einen weiteren Fehler. MH wirft seine Karten vor einer Spielansage offen auf den Tisch. Damit kommt zwar 4.3.6 nicht zum Tragen, weil es noch gar kein Spiel gab, aber nach 4.1.6 kann der AS die GS erneut zum Weiterspiel verpflichten. Und mit dem jetzigen Wissen kann der AS ohne Probleme einen Grand Ouvert ansagen, der ihm dann auch als gewonnen aufzuschreiben ist.

Wenn wir daran denken, dass diese Ansage erst nach zwei Fehlern der Gegenpartei möglich war, haben wir auch kein Problem mit 4.5.2. Denn in dem Fall wäre es nur fair, wenn die Gegenspieler sachlich dazu stehen, dass nur ihre Fehler dem AS den Grand Ouvert ermöglicht haben.

Gruß vom
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Kantholz » 28. Feb 2017 13:38

selbstverständlich darf jeder die Regeln so clever für sich ausnutzen wie er vermag, das gehört in der Meisterklasse ganz selbstverständlich dazu.

Der vorliegende Fall ist jedoch sehr speziell.

Solange der AS NOH "ansagt" wird es keine Probleme geben.
Bei GO Ansage werden die GS vermutlich nach dem Schiri rufen.

Jetzt reduziert sich der Sachverhalt darauf, ob der Schiri "muss" oder der AS "kann" (das Spiel ansagen).

hinzu kommt, dass es keine reine Spiel- Ansage ist, denn das Spiel ist ja beendet bzw. wird nicht durchgeführt, sondern nur eine wertungstechnische Ansage.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Schelldaus » 28. Feb 2017 13:44

Hallo @Kantholz,

warum ist deiner Meinung nach das Spiel beendet? Nach 4.1.1 beginnt ein Spiel erst mit der Spielansage. Dieser Satz wurde extra noch einmal hervorgehoben.

Gruß vom
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon John » 28. Feb 2017 13:55

Das ganze Beispiel erscheint mir sehr konstruiert. Ich habe in meinem letzten Beitrag übrigens überlesen, dass der AS ja seine Karten sofort hinlegt. Berücksichtigt man diesen Umstand, muss man sich allerdings
auch vergegenwärtigen, dass der AS nach dem Hinlegen zu einer Spielansage verpflichtet ist.
Dieser Verpflichtung, die natürlich keiner zeitlichen Begrenzung unterliegt, kommt er zunächst nicht nach.
Es gibt heute immer noch Skatspieler, die bei einer solchen Konstellationen es "für unter ihrer Würde" halten, ihr Spiel regelgerecht anzusagen. Auf die Aufforderung "sag dein Spiel an" kommt - auch an eher "lockeren" Spitzentischen dann oft eine Bemerkung wie "das seht ihr doch, was ich spiele, usw.". Bedenkt man dann noch den Zeitfaktor, so rückt selbst die Handlung des KG in ein etwas anderes Licht.

Und der AS ist nicht mehr ganz schuldlos an der ganzen Situation. Womit sich die Kantholzsche Lösung durchaus ergeben würde.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Kantholz » 28. Feb 2017 14:09

hallo Schelldaus,
...bzw. wird nicht durchgeführt...,

Ich denke, dass der 4.2.8 nicht angewendet werden kann, weil:

... während des Spiels...,

wir haben aber noch kein Spiel im Sinne eines zu spielenden Spieles. Der (die) Verstöße beginnen vor Spielansage.

wir haben den Zustand , dass der Alleinspieler feststeht, aber noch kein Spiel angesagt ist.

Grüße. Kantholz
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Schelldaus » 28. Feb 2017 15:31

Hallo @Kantholz,

danke für deinen Hinweis bezüglich 4.2.8, damit müssen wir klären, was bedeutet das Auflegen seiner 10 Karten durch den AS entsprechend der ISkO.

Nach dem Passen von MH und HH legt VH seine Karten geordnet offen auf den Tisch ohne ein Wort zu sagen. Nach 3.3.6 darf VH den Skat ohne Reizgebot aufnehmen oder er darf ohne Reizgebot ein Handspiel ansagen. Nach 3.4.6 darf der AS bei einem Ouvertspiel, wie in unserem Fall, alle Karten auflegen und trotzdem zählen sie noch vor der Spielansage als Handkarten. Das Vorgehen vom AS ist zwar ungewöhnlich, bewegt sich aber völlig im Rahmen der ISkO.

Jetzt nimmt die Gegenpartei in Form des Kartengebers den Skat und deckt ihn auf. Damit bewegen wir uns mehr oder weniger im Punkt 3.3.10, denn jetzt hat nur die Gegenpartei nach beendetem Reizen die unrichtige Kartenzahl. Mit dem Begriff "Gegenpartei" statt "Gegenspieler" lässt uns 3.3.10 diese Interpretation meines Erachtens zu. Will der AS das Spiel trotzdem durchführen, so ist die Kartenzahl zu berichtigen. In dem Fall muss der Kartengeber die zwei offenen Karten wieder umdrehen.

Unterm Strich gibt es also verschiedene Herangehensweisen durch die ISkO, die aber meines Erachtens im Ergebnis dem AS seinen Grand Ouvert zubilligen.

Gruß vom
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon mr.kite » 28. Feb 2017 17:50

Kantholz hat geschrieben:selbstverständlich darf jeder die Regeln so clever für sich ausnutzen wie er vermag, das gehört in der Meisterklasse ganz selbstverständlich dazu.

Der vorliegende Fall ist jedoch sehr speziell.

Solange der AS NOH "ansagt" wird es keine Probleme geben.
Bei GO Ansage werden die GS vermutlich nach dem Schiri rufen.

Jetzt reduziert sich der Sachverhalt darauf, ob der Schiri "muss" oder der AS "kann" (das Spiel ansagen).

hinzu kommt, dass es keine reine Spiel- Ansage ist, denn das Spiel ist ja beendet bzw. wird nicht durchgeführt, sondern nur eine wertungstechnische Ansage.

Die unschuldige Partei hat ZU JEDER ZEIT das Recht, dass die andere Partei das Spiel regelgerecht fortsetzt. Einzige Ausnahme: Nichtbedienen wird erst zu spät entdeckt. Hier haben die GS zweifelsfrei eine Menge Blödsinn gemacht. Das darf aber nicht zu Lasten des AS gehen.

Was natürlich nicht geht ist: Der AS will hier einen GO GEWONNEN haben. Er darf aber sehr wohl einen GO DURCHFÜHREN, der dann seinem Ausgang entsprechend gewertet wird.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon marvin » 28. Feb 2017 20:50

Betrachtet man die 10 Handkarten des Alleinspielers und die Tatsache, dass er diese offen vor sich auflegt, so ist für jeden einigermaßen verständigen Skatspieler sonnenklar, dass der AS einen Null-Ouvert-Hand spielen wollte. Jedenfalls bis zu dem Moment, wo der Skat aufgedeckt wird. Wenn der AS etwas anderes behauptet, ist er entweder verrückt oder kannte schon den Skat.

Meines Erachtens gehört es zu den Grundprinzipien der Skatordnung, dass niemand von einem Regelverstoß der Gegenpartei einen ungewöhnlichen Vorteil haben soll. Beispiele:
- Ein Farb- oder Grandspiel, bei dem die Gegenpartei einen Regelverstoß begeht, gewinnt man erst mal nur in der Stufe einfach, eine höhere Gewinnstufe müsste nachgewiesen werden (theoretischer Nachweis oder praktischer Nachweis durch Weiterspielen).
- Ein theoretisch ungewinnbares Spiel kann nicht durch Regelverstoß der Gegenpartei gewonnen werden (5.4.3).

In diesem Zusammenhang werden sogar gelegentlich Benachteiligungen in Kauf genommen: Wir haben hier schon mehrfach Fälle diskutiert, wo der Alleinspieler ein Spiel hatte, was mit hoher Wahrscheinlichkeit Schneider geworden wäre, aber durch den Regelverstoß nicht mehr Schneider wird (weil die GP die Kartenverteilung kennt). Dann kann der Schiedsrichter nur achselzuckend entscheiden: Das ist Pech, aber die Skatordnung ist nun mal so.

Wenn man nun im hier vorgestellten Fall dem Alleinspieler zugesteht, einen Grand ouvert anzusagen, dann hätte er einen extrem ungewöhnlichen Vorteil von dem Regelverstoß der Gegenpartei, indem er ein Spiel für 240 Punkte gewinnt anstelle der 59, die es ohne Regelverstoß geworden wären. Die Ausnutzung dieses Vorteils halte ich für unfair und unsportlich.

Wenn ich nun als SR darüber entscheiden müsste, wäre ich daher geneigt, ihm einen NOH gewinnen zu lassen, aber nicht mehr. Mit Hinweis auf die Möglichkeit, beim Schiedsgericht Einspruch einzulegen.

Freilich hätte ich gewisse Bauchschmerzen, weil ich das Argument der Befürworter der GO bisher noch nicht überzeugend entkräften kann. Außer man nutzt den 4.5.2.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Kantholz » 28. Feb 2017 21:59

der AS legt die Karten auf ohne eine Spielansage zu tätigen. Für ihn ist NOH offensichtlich offensichtlich.
Nach einer Überprüfung seitens der GS (die sicher auch eine Weile dauert) ist für den KG der NOH ebenfalls offensichtlich und er dreht den Skat um.
Für einen GS ist der NOH ebenfalls offensichtlich und wirft die Karte weg.

Erst mit dieser Kenntnis wird der AS in die Lage versetzt, GO anzusagen.
Aber hat er nicht auch Pflichten, zB. das Spiel auch flüssig anzusagen?

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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Eric » 28. Feb 2017 22:01

Hut ab. Den Gedankengang hatten ja andere hier auch marvin, und auch logisch begründet.

Was mich halt hier wieder stört , ist dass die ISkO das eben nur so "verklausuliert" hergibt , und eben nicht eindeutig. Das wird spätestens dann offensichtlich, wenn man als Schiri auf NOH entscheidet, und dem AS verwehrt, ein höherwertiges Spiel zu spielen, und als Begründung auf andere, mit der Sache nicht in Zusammenhang stehende Paragraphen hinweisen muss ..... ganz blöd.

Warum nicht irgendwo einen neuen Paragraphen x.x.xx : "Aus einem Regelverstoß kann die unschuldige Partei niemals einen Vorteil ziehen."

Dann hat man es schwarz auf weiß geruckt und kann wohlbegründet auf "nur" NOH entscheiden.

Wortgetreu gibt es den geschilderten Fall auch nicht nach ISkO. Eine Skateinsicht vor Spielansage ist dort eigentlich nicht vorgesehen .....
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen

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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon mr.kite » 28. Feb 2017 23:15

Chapeau marvin! Das sind echte Argumente! Ich denke da ist eine Überzeugungskraft dahinter, mit der man sich glatt beschäftigen muss um überhaupt nur einen Anhaltspunkt zu finden sie zu widerlegen.

Anders:
kantholz hat geschrieben:Aber hat er nicht auch Pflichten, zB. das Spiel auch flüssig anzusagen?
Die GP hat das Recht, ihn zu einer Spielansage aufzufordern, wenn er das nicht tut. Aber es gibt keine Regel die gebietet, wann der AS sein Spiel anzusagen hat. Nur WIE (nämlich in einem Guss).

kantholz hat geschrieben:Versucht er nicht hier, aus einem durch ihn mit zu vertetenen Versäumnis Kapital zu schlagen und zwar gleich 300% ?
Kein Versäumnis kein Vertretenmüssen ;)

Eric hat geschrieben:Was mich halt hier wieder stört , ist dass die ISkO das eben nur so "verklausuliert" hergibt , und eben nicht eindeutig.
Wird das nicht irgendwann langweilig, immer denselben Mist zu wiederholen?
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Kantholz » 1. Mär 2017 00:50

wir warten gespannt auf die Anhaltspunkte, mit denen du die Überzeugungskraft vom marvin widerlegst. :top:
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon John » 1. Mär 2017 00:58

Diesem "Wir" schließe ich mich ausdrücklich an.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon ThomAss » 1. Mär 2017 02:13

Theoretisch würde ich 100% genauso wie Marvin entscheiden. Man kann ja viel auf dem Fairnessparagraphen 4.5.2 rumreiten oder nicht, der wird teilweise für Lappalien herangezogen.
Hier würde es sich um einen derart unsportlichen und unfairen Fall handeln, da hat der 4.5.2 hier einfach das größere / größte und somit das maßgebliche Gewicht als anderen Paragraphen zusammen. Es ist ja oft so das Fälle mehrere Paragraphen gleichzeitig berühren, es aber meist einen gibt, der eben die Ausschlagskraft gibt, hier ist ganz klar der 4.5.2.

Praktisch gibt es diesen Fall aber einfach nicht, wer ernsthaft glaubt, dass der Fall nicht konstruiert ist, der glaubt meiner Meinung nach auch noch an den Osterhasen, von daher sollte man auch nicht zu viel darüber nachdenken, was da genau richtig oder falsch ist. :wink:
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Schelldaus » 1. Mär 2017 08:48

Hallo @marvin,

auch wenn diese Situation nur gestellt ist, geht es doch darum, dass die Gegenpartei nicht nur einen Fehler begeht, sondern gleich zwei. Das voreilige Aufdecken des Skats durch den Kartengeber, hätte den AS wahrscheinlich nur zur Bemerkung gebracht, dass er mit drei laufenden Buben einen NOH spielt. Selbst wenn MH seine Karten verdeckt auf den Tisch wirft, hätte sich nichts an der Situation geändert. Aber so macht MH den zweiten Fehler und wirft seine Karten offen auf den Tisch. Die Gegenpartei trägt damit eindeutig Schuld, an dem sich daraus ergebenden Vorteil für den Alleinspieler.

Was das Thema Vorteil aus einem Regelverstoß betrifft, so treffen wir dieses im Skat doch tagtäglich. Wie oft werden "Gurkenspiele" allein aus der Hoffnung heraus gespielt, dass der Gegenpartei vielleicht ein Fehler unterläuft.

Nehmen wir daher lieber diesen gestellten Fall, zeigen ihn bei einem Clubabend den Vereinsmitgliedern und erklären ihnen, was es für den AS für Vorteile mit sich bringt, wenn die Gegenspieler sich so ungeduldig verhalten. Und gerade weil der Fall so abstrus ist, werden sich die Vereinsmitglieder sehr lange an ihn erinnern und ihn vielleicht sogar dem oder anderen weitertragen.

Gruß vom
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon John » 1. Mär 2017 17:27

Zusammenfassung: Die (nicht vom AS erfolgte) Spielansage ist wohl der Knackpunkt. Man könnte sogar folgendermaßen argumentieren: Wenn ein AS einen unverlierbaren NOH auflegt, ihn aber nicht ansagt und die GS ihn zu der Ansage nicht auffordern, dann akzeptieren sie stillschweigend das Spielen des NOH. Daraus folgt dann ihr Recht zu einer Spielaufgabe. Diese wiederum kann durchaus auch durch Umdrehen des Skates erfolgen.

Übrigens gibt es ein Urteil, das für die Behandlung eines nicht angesagten Spiels herangezogen werden kann. Etwa so: Der AS legt Karten auf, die einen wasserdichten NOH ergeben, sagt ihn aber nicht an. Reizwert liegt unter 24. GS geben auf, der Schreiber notiert als Spielwert + 23 mit der Begründung, es sei zwar offensichtlich ein Nullspiel, da aber der AS keine weitere Ansage getätigt hat, sind die GS nur verpflichtet, das einfache Nullspiel als gewonnen anzuerkennen. Urteil des ISKG: Wenn die GS aufgeben, ohne eine Ansage zu fordern, so ist das Spiel als gewonnen mit allen "Gewinnstufen" zu geben, die bei Ansage gewertet werden würden. Also hier ouvert und Hand.

Ist mir gerade eingefallen, wurde übrigens bei der Schiri-Jubiläumsfeier in Altenburg vom in Roben gekleideten ISKG vor der Öffentlichkeit vorgetragen, persönlich von Peter Luczak, dem damaligen Präsidenten.
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Re: Grand Ouvert?

Beitragvon Eric » 14. Mär 2017 20:46

Schelldaus hat geschrieben:Hallo @marvin,

auch wenn diese Situation nur gestellt ist, geht es doch darum, dass die Gegenpartei nicht nur einen Fehler begeht, sondern gleich zwei. Das voreilige Aufdecken des Skats durch den Kartengeber, hätte den AS wahrscheinlich nur zur Bemerkung gebracht, dass er mit drei laufenden Buben einen NOH spielt. Selbst wenn MH seine Karten verdeckt auf den Tisch wirft, hätte sich nichts an der Situation geändert. Aber so macht MH den zweiten Fehler und wirft seine Karten offen auf den Tisch. Die Gegenpartei trägt damit eindeutig Schuld, an dem sich daraus ergebenden Vorteil für den Alleinspieler.


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Nun, darüber kann man sicher geteilter Meinung sein. Man kann sogar dafür sein, dass der AS vom Regelverstoß der GP unendlich profitieren kann ( wie in diesem Fall ) aber keinen Funken eines Nachteils erhalten darf. Ich hielte das aber für völlig unangemessen.

Ich halte weiterhin eine Regelung für gut, welche "die blöde Sache Regelverstoß" bei der Bewertung des Spiel so wenig wie möglich abweichend vom Spiel ohne Regelverstoß eingreifen lässt. Daraus resultiert, dass aus einem Regelvertoß an sich, keine Partei Vorteile oder Nachteile haben darf, die sich bei regelgerechtem Spiel nicht auch ergeben hätte.

Und, wir haben solche Regeln zu hauf. Ein theoretisch nicht gewinnbares Spiel kann nicht durch Regelverstoß gewonnen werden. Bein einem Regelverstoß im 1. Stich z.B. ist die schuldige Partei eben nicht schneider schwarz, Gewinnstufen werden nur gegeben, wenn sie nachgewiesen werden können, usw usw.

In dieses, bereits in diese Richtung deutende vorhandene Regelwerk, würde eine Entscheidung, hier dem AS nur den NOH gutzuschreiben, optimal passen.
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