4.1.5 : Ist der Alleinspieler gezwungen, eine höhere Gewinnstufe zu erreichen, muss ihm bei unberechtigtem Ausspielen oder einem anderen Regelverstoß der Gegenpartei die fällige Gewinnstufre ausnahmsweise zuerkannt werden, sofern diese noch nicht erreicht wurde ( siehe aber 5.4.3 ).
Was lesen wir hieraus :
1. Die Gewinnstufe wird, sofern noch nicht erreicht, zwar ausnahmsweise und grundsätzlich anerkannt, unabhängig davon, ob sie in der Praxis beim realen Kartenstand hätte erreicht werden können. Das führt dazu, dass bei allen Überlegungen, sofern ein Regelverstoß der GP vorlag, nur noch von theoreitschen Möglichkeiten und nicht mehr vom realen Kartenstand ausgegangen werden muss.
2. "Sofern diese noch nicht erreicht wurde." Hat die Gegenpartei eine Gewinnstufe ( z.B. Schneider frei ) bereits erreicht, kann sie auch bei einem Regelverstoß nicht mehr ausnahmsweise zugestanden werden. Wobei hier natürlich z.B. eine eventuelle "Irreführung" durch den Regelverstoß und eine hierdurch geänderte Spielweise berücksichtigt werden muss ( z.B. bei Grand mit 1. und 4. Bube fällt im 1. Stich wegen fehlbedienens nur ein Bube ).
5.4.3 : Ein Spiel, bei dem das Erreichen einer erforderlichen höheren Gewinnstufe für den Alleinspieler vor dem 1. Stich theoretisch ausgeschlossen ist - zum Beispiel Schwarz ohne eine Spitze - , kann nicht durch Regelverstoß der Gegenspieler gewonnen werden.
Dieser Paragraph schiebt dem 4.1.5 einfach nur den logischen Riegel vor, dass man kein ungewinnbares Spiel durch Regelverstoß gewinnen kann. Genauso wie die GP ein Spiel - entgegen einer oft gepflegten Meinung - nach dem 60. Auge durch Regelversoß nicht mehr verlieren kann. ( oder der AS mit dem 61. ).
Auf den Fall gemünzt sehe ich das so, und ich glaube mr.kite wollte das auch so ausdrücken :
Für die theoretische Erreichbarkeit von Gewinnstufen ist zwar der reale Kartenstand unerheblich ( d.h. braucht z.B. der AS die Zehn in der Farbe blank für Schneider muss ihm bei Regelverstoß der GP der Schneider auch dann anerkannt werden, wenn die Zehn eben nicht blank sitzt ).
Bleibt die Frage, ob und inwiefern der Skat bei den Überlegungen berücksichtigt werden muss.
5.4.3 macht hierzu keine Angabe, spricht nur von "Theorie". Und dass im Eingangsfall geschilderte Blatt kann man "theoretisch" schwarz spielen, wenn beide schwarzen Bauern liegen. Es ist nicht vom ersten Stich an ausgeschlossen. Die Frage um die sich alles dreht bleibt also :
Die Karten im Skat finden ( insbesondere als Spitzen ) auch bei Handspielen berücksichtigung bei der Spielbewertung. Tun sie solches auch bei der Beantwortung der Frage, ob das Spiel theoretisch gewinnbar ist oder nicht ?
Tun sie dies nicht, ist z.B.
in VH mit Kreuz-Buben im Skat nie schwarz gewinnbar, weil ja nur der Kreuz-Bube die beiden anderen holen könnte, aber in der theoretischen Betrachtung keine Berücksichtigung findet.
Die zitierte Entscheidung des Skatgerichts geht für mich aber ganz klar in die Richtung, dass das ISkG die Karten im Skat sehr wohl bei der Frage, ob ein Spiel theoretisch gewinnbar ist, berücksichtigt. Sonst wäre der Hinweis, dass man "nur" mit dem Alten und allen Trümpfen ab Ass niemals gegen drei Buben schwarz spielen kann, sinnlos. Wäre der Kreuz-Bube für die Frage "theoretisch gewinnbar?" irrelevant genügt ja schon der einzelbe Pik-Bube in der Hand der GP für die theoretische Unmöglichkeit der Gewinnstufe schwarz.
Für den vorgestellten Fall komme ich daher zu folgendem Schluss :
1. Das Spiel ist "theoretisch" auch schwarz gewinnbar, d.h. die Regelungen des 5.4.3 greifen nicht.
2. Die Gewinnstufe schwarz kann und darf aber in geschilderten Fall nach 4.1.5 nicht mehr anerkannt werden. da die GP die entsprechende Gewinnstufe "schwarz frei" bereits erreicht hat ! ( Wer würde einem AS bei Überreizung noch den Schneider zubilligen, wenn die GP bereits vor dem Regelversoß 31 Augen hatte ? ). Wichtig ist hier auch, dass ein Stich für die GP auch bei regelkonformen Spiel zu Stande gekommen wäre und nicht durch den Regelversoß an sich zu Stande kam.
Für den Fall bedeutet das folgendes :
Kann die Gewinnstufe, die theoretisch möglich ist, noch dem AS nach 4.1.5 zuerkannt werden, obwohl die GP die Gewinnstufe schwarz durch ihren Stich bereits verhindert hat ? ( Ich denke niemand würde dem AS bei einem überreizten Spiel die Gewinnstufe Schneider noch zuerkennen, wenn die GP vor dem Regelverstoß bereits 31 augen hat ).
Und dann kommt die Gretchenfrage, wann begeht wer den Regelverstoß, der das Spiel beendet. Und hier im vorliegenden Fall findet der Regelverstoß ( nicht bedienen ) statt, bevor HH seinen Stich macht. In einem bereits beendeten Spiel kann man keine Stiche machen !
Daher müsste man nach meiner Lesart so entscheiden : Da das Spiel für den AS theoretisch mit der nötigen Gewinnstufe gewinnbar war und zum Zeitpunkt des Regelverstoßes die GP die notwendige Gewinnstufe noch nicht erreicht hatte, muss diese dem AS aufgrund des Regelverstoßes zuerkannt werden. Der AS hat sein Spiel damit mit dem erforderlichen Gewinnstufen und erreichtem Reizwert gewonnen.
Wäre ich das ISkG
würde ich natürlich ergänzen : Anders müsste entschieden werden, wenn der Regelverstoß von HH begangen würde, nachdem MH bereits durch eine höhere Trumpfkarte als die vom AS ausgespielte einen Stich ( vorläufig ) gemacht hätte. Hier müsste auf Spielverlust AS entschieden werden, da ihm die nötige Gewinnstufe schwarz nicht mehr nach 4.1.5 zuerkannt werden könnte, da die GP die Gewinnstufe ( schwarz frei ) zum Zeitpunkt des Regelverstoßes bereits erreicht hatte.
So ist das Skatspiel eben - manche Spiele verliert man, und manche gewinnen die anderen
Ein Weiser schätzt kein Spiel, wo nur der Zufall regieret.
Gotthold Ephraim Lessing