Entscheidung nach 4.5.8.?

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon John » 3. Apr 2018 12:19

Hallo, gestern sollte ich einen Fall am Spielabend bei einem Club entscheiden, in dem ich als Gast anwesend war, trotz meines Hinweises, dass ich seit Jahren kein Schiri mehr bin und die aktuelle Rechtsprechung nur aus den Skatzeitschriften kenne.

Nach längerem Streit am Tisch, den ich vom Nebentisch aus mitbekommen hatte, wurde ich um eine Entscheidung gebeten. Folgender Sachverhalt erschien mir unstrittig: VH spielt einen Grand, die GS machen den ersten Stich.
Einer der GS sagt: Wir haben 31. Daraufhin legt VH ohne Erklärung die Karten auf. MH beansprucht noch einen weiteren Stich, zu Recht, und verlangt Spielverlust für den AS. Ich entscheide, dass laut 4.5.8. - einem sicher selten angewandten Paragraphen - das Spiel mit der Feststellung des GS beendet sei und daher das Aufdecken der Karten keine Spielabkürzung mit einer verbundenen Verpflichtung darstellt, sondern eine berechtigte Forderung auf sofortigen Spielgewinn. Die Entscheidung wurde akzeptiert, mit der Begründung hatten die durchaus regelkundigen Spieler jedoch ihre Schwierigkeiten.


Hättet ihr auch so entschieden? Oder evtl. eine elegantere Begründung dafür gefunden, warum der AS nicht verliert? Oder gar der Forderung auf Spielverlust nachgegeben?
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon HomerJay » 3. Apr 2018 14:01

Die Aussage "wir haben 31" ist doch bereits unzulässig, oder sehe ich das falsch?! Damit kann der AS doch eh fordern, das Spiel ab dem Zeitpunkt gewonnen zu haben.

Wäre übrigens nett, den 4.5.8 zu zitieren. Ich kenne ihn nicht auswendig und habe auch keine Ahnung, worum es darin geht.
Der Optimist glaubt, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben, und der Pessimist befürchtet, dass das stimmt.
HomerJay
 
Beiträge: 1743
Registriert: 21. Okt 2005 08:50
Wohnort: Frankfurt

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon John » 3. Apr 2018 14:23

Lautes Zählen der Trümpfe oder Augen ist keinem Mitspieler erlaubt.
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon HomerJay » 3. Apr 2018 14:57

Danke. Na dann passt es doch. Verstehe nicht, warum ein regelkundiger (oder auch ein regelunkundiger) Spieler damit Probleme haben kann.
Der Optimist glaubt, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben, und der Pessimist befürchtet, dass das stimmt.
HomerJay
 
Beiträge: 1743
Registriert: 21. Okt 2005 08:50
Wohnort: Frankfurt

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon John » 3. Apr 2018 15:44

Vielleicht deswegen, weil die Anwendung dieses Paragraphen in der Praxis sehr selten ist. Auch mir selbst würde es als Schiri oder als um eine Entscheidung gebetener Regelkundiger nie einfallen, nur wegen dieser Bemerkung einer Forderung auf Spielgewinn zu entsprechen. Lediglich deswegen, weil ja hier das Auflegen durch den AS als Abkürzung gewertet wurde, ohne eine - nach den Regeln nötige - Erklärung abzugeben, dass noch ein Stich abgeht, habe ich diesen 4.5.8. herangezogen.
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon Wenzlator » 4. Apr 2018 00:14

Regelverstöße sind sofort zu reklamieren, das hat der Alleinspieler m.E. hier versäumt. Das stumme Auflegen seiner Karten reicht insoweit nicht, das kann unterschiedliche Ursachen haben und stellt deshalb kein stillschweigendes (konkludentes) Reklamieren des Regelverstoßes dar (ergebnisorientierte andere Ansicht ist sicherlich vertretbar). Das Spiel ist entgegen der Begründung des Schiedsrichters mit dem Regelverstoß auch nicht automatisch beendet, sonst müsste man Regelverstöße ja nie reklamieren.

Vgl. Entscheidungssammlung, 4.5.8 ISkO, Fall 2: ""Wenn der Alleinspieler dieses laute Zählen sofort reklamiert ... muss ihm das Spiel als gewonnen gewertet werden."
http://skatverband.de/fileadmin/matthia ... schutz.pdf

Hier hat später der Schiedsrichter die Reklamation des Verstoßes gegen ISkO 4.5.8 für den Alleinspieler übernommen, so geht es nicht.

Also hat der verstummte Alleinspieler eine misslungene Abkürzung vorgenommen und verliert sein Spiel, da er ohne zutreffende Erklärung seine Karten aufgedeckt hat und nicht alle restlichen Stiche macht.
Wenzlator
 
Beiträge: 64
Registriert: 24. Apr 2007 00:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon mr.kite » 4. Apr 2018 08:28

Wenzlator hat geschrieben:Regelverstöße sind sofort zu reklamieren, das hat der Alleinspieler m.E. hier versäumt. Das stumme Auflegen seiner Karten reicht insoweit nicht, das kann unterschiedliche Ursachen haben und stellt deshalb kein stillschweigendes (konkludentes) Reklamieren des Regelverstoßes dar (ergebnisorientierte andere Ansicht ist sicherlich vertretbar). Das Spiel ist entgegen der Begründung des Schiedsrichters mit dem Regelverstoß auch nicht automatisch beendet, sonst müsste man Regelverstöße ja nie reklamieren.

Vgl. Entscheidungssammlung, 4.5.8 ISkO, Fall 2: ""Wenn der Alleinspieler dieses laute Zählen sofort reklamiert ... muss ihm das Spiel als gewonnen gewertet werden."
http://skatverband.de/fileadmin/matthia ... schutz.pdf

Hier hat später der Schiedsrichter die Reklamation des Verstoßes gegen ISkO 4.5.8 für den Alleinspieler übernommen, so geht es nicht.

Also hat der verstummte Alleinspieler eine misslungene Abkürzung vorgenommen und verliert sein Spiel, da er ohne zutreffende Erklärung seine Karten aufgedeckt hat und nicht alle restlichen Stiche macht.

:top:
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6841
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon Ekel Alfred » 4. Apr 2018 09:19

Der AS hat reklamiert, er hat das Spiel abgebrochen. Das er zu wenig gesprochen hat kann ja wohl kein Kriterium sein. Sonst kann man ja auch eine schriftliche Erklärung fordern.
Benutzeravatar
Ekel Alfred
 
Beiträge: 982
Registriert: 28. Sep 2005 15:22

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon John » 4. Apr 2018 11:57

Genau diese beiden unterschiedlichen Standpunkte sind der Grund dafür, dass in meinen Augen in 25 Jahren, seit ich Turnier spiele, keine nennenswerten Fortschritte in der Regelinterpretation zu erkennen sind.

Während der Standpunkt von Wenzlator und MrKite "regelformalistisch" ist und als solcher "formell" in Ordnung ist, ist der von Ekel Alfred - den ich persönlich absolut teile - am Sinn des Regelwerks orientiert, wie ich ihn bei den Schöpfern von diesen so vermute.

Solange die beiden Interpretationen nebeneinander stehen (können), ist die gewünschte Einheit ein Ding der Unmöglichkeit und die verpönte Interpretationsfreiheit ein Quell ständiger Unzufriedenheit.
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon HelAu » 4. Apr 2018 16:18

Solche Unzulänglichkeiten sind sicher gewollt denn die Paragraphenheinis wollen doch sowohl Schlupflöcher als auch Arbeit haben :mrgreen:
Wer Rechtschreibfehler findet, darf diese behalten
Benutzeravatar
HelAu
 
Beiträge: 5321
Registriert: 6. Sep 2005 14:30

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon mr.kite » 4. Apr 2018 16:43

Ich würde den Aufschrei der Gerechten ja verstehen wenn es sich hier um Kneipenspieler handeln täte die erstmals im Leben auf ein Turnier fahren. Wenn es aber "regelkundige Spieler" sind dann liegt doch der Schluss, dass der AS sich hier auf billige Weise einen Spielgewinn erschleichen will sehr nahe. Offenbar hat er bei seiner Abkürzung nicht aufgepasst und sucht jetzt nach einem Strohhalm sich noch zu retten. Menschlich verständlich, aber darauf kann man keine Rücksicht nehmen.

Wenzlator hat es auf den Punkt gebracht: Wenn den AS das Mitzählen des GS interessiert hätte, dann hätte er was dazu sagen müssen. Es ist aber niemand verpflichtet, ein Recht auch durchzusetzen. Unser "Eric" hier brüstet sich ja sogar regelmäßig damit, ihm zustehendes Recht nicht zu verlangen (aus Gründen die nur ihn zu interessieren haben und niemand anderen).

Aber selbst wenn der AS reklamiert hätte, hätte ihm der Schiedsrichter mMn nicht Recht geben dürfen. Hierzu eine hier im Forum veröffentlichte Anfrage des Nutzers "chris":
Ihre Anfrage:

Am letzten Clubabend ereignete sich folgender Vorfall: Während eines Spiels (noch nicht entschieden)
sagt der Kartengeber nach einem Stich der Gegenspieler: "Schneiderfrei". Der Alleinspieler will nun
sein Spiel wegen einer spielbeeinflussenden Äußerung als gewonnen gewertet bekommen.


Wird wie folgt entschieden:

Das Spiel ist weiter durchzuführen und seinem Ausgang entsprechend zu werten.


Begründung:

Es kommt immer wieder vor, dass während eines Spiels Äußerungen wie: „So jetzt sind wir erst mal
raus“, „Der Stich gehört mir“, „Und schon wieder ein Stich für uns“, „Noch zwei solcher Stiche und wir
haben gewonnen“ „usw.“. vorgenommen werden.

Nach Ansicht der SkG-Mitglieder entsprechen solche Äußerungen (meistens) den Tatsachen, sind allen
Beteiligten bekannt und nehmen daher keinen direkten Einfluss auf das im Gang befindliche Spiel. Aus
diesem Grund sehen wir keine Veranlassung, das Spiel zugunsten des Alleinspielers zu beenden.

Nutzer "John" war seinerseits damals auch sehr zufrieden mit dieser Entscheidung des ISkG. Begründung passt wie Faust aufs Auge zu diesem Fall. Daher ist eine Entscheidung "Spielgewinn AS" jedenfalls abzulehnen. Der Rest ergibt sich automatisch.

kiebitz hat geschrieben:Das Urteil des Skatgerichts ist unvollständig und müsste wie folgt ergänzt werden: Der Alleinspieler ist wegen Suchens von fadenscheinigem Recht zu ermahnen.


P.S.: HomerJay: Normen der ISkO zitiert hier niemand mehr, weil keiner Bock darauf hat das abzutippen. Wenn Du jemanden suchst, der sowas gerne macht, dann schau doch in den Spiegel.
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6841
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon ThomAss » 4. Apr 2018 19:39

mr.kite hat geschrieben:P.S.: HomerJay: Normen der ISkO zitiert hier niemand mehr, weil keiner Bock darauf hat das abzutippen. Wenn Du jemanden suchst, der sowas gerne macht, dann schau doch in den Spiegel.


Geht das nicht copy/paste irgendwo her? Da ich die Paragraphen auch nicht auswendig kenne, würde ich mir da wie homer auch mehr Details zumindest im ersten Beitrag, in dem ein Paragraph genannt wird, wünschen. Dient einfach dem besseren Verständnis für Regellaien wie mich. Und wenn ich sehe, dass hier und auch in anderen Threads teilweise seitenlang geschrieben wird, sollte es an diesem einen Satz auch nicht scheitern.
Benutzeravatar
ThomAss
 
Beiträge: 4754
Registriert: 24. Mai 2006 15:35
Wohnort: Goch / Niederrhein

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon Ekel Alfred » 4. Apr 2018 20:56

4.5.8 Lautes Zählen der Trümpfe oder Augen ist keinem Mitspieler erlaubt (siehe 4.2.9).
4.2.9 Alle Mitspieler haben sich jeglicher Äußerungen und Gesten zu enthalten, die geeignet sind, die Karten zu verraten oder den Spielverlauf zu beeinträchtigen. Bei Verstößen ergeben sich Konsequenzen aus den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6.
4.1.3 Unberechtigtes Ausspielen (oder ein anderer Regelverstoß) beendet das Spiel. Ist es bereits entschieden, gewinnt die betreffende Partei mit den von ihr bis dahin eingebrachten Augen (4.1.4).
4.1.4 Hat jemand vor der Spielentscheidung unberechtigt ausgespielt oder einen anderen Regelverstoß begangen, ist das Spiel für die schuldige Partei in der Stufe einfach (nicht Schneider oder Schwarz) verloren. Eine höhere Gewinnstufe erfordert den Nachweis, dass sie bei regelgerechtem Spiel sicher erreicht worden wäre.
4.1.5 Ist der Alleinspieler gezwungen, eine höhere Gewinnstufe zu erreichen, muss ihm bei unberechtigtem Ausspielen oder einem anderen Regelverstoß der Gegenpartei die fällige Gewinnstufe ausnahmsweise zuerkannt werden, sofern diese noch nicht von den Gegenspielern erreicht wurde (siehe aber 5.4.3).
4.1.6 Die schuldige Partei ist zum Weiterspiel verpflichtet, wenn es die andere Partei verlangt. Dann zählt der Regelverstoß als nicht begangen.


Das sind alle hierfür wichtigen Absätze der ISKO. Das laute Mitzählen ist ein Regelverstoß, Und in 4.1.4. steht, dass diese Partei das Spiel verloren hat.
Den Hinweis darauf, dass die GP noch einen Stich macht ist überflüssig, da schlicht und einfach nicht mehr weitergespielt wird wegem einem Regelverstoß.
Benutzeravatar
Ekel Alfred
 
Beiträge: 982
Registriert: 28. Sep 2005 15:22

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon Primrose » 4. Apr 2018 23:23

mr.kite hat geschrieben:
Wenzlator hat geschrieben:Regelverstöße sind sofort zu reklamieren, das hat der Alleinspieler m.E. hier versäumt. Das stumme Auflegen seiner Karten reicht insoweit nicht, das kann unterschiedliche Ursachen haben und stellt deshalb kein stillschweigendes (konkludentes) Reklamieren des Regelverstoßes dar (ergebnisorientierte andere Ansicht ist sicherlich vertretbar). Das Spiel ist entgegen der Begründung des Schiedsrichters mit dem Regelverstoß auch nicht automatisch beendet, sonst müsste man Regelverstöße ja nie reklamieren.

Vgl. Entscheidungssammlung, 4.5.8 ISkO, Fall 2: ""Wenn der Alleinspieler dieses laute Zählen sofort reklamiert ... muss ihm das Spiel als gewonnen gewertet werden."
http://skatverband.de/fileadmin/matthia ... schutz.pdf

Hier hat später der Schiedsrichter die Reklamation des Verstoßes gegen ISkO 4.5.8 für den Alleinspieler übernommen, so geht es nicht.

Also hat der verstummte Alleinspieler eine misslungene Abkürzung vorgenommen und verliert sein Spiel, da er ohne zutreffende Erklärung seine Karten aufgedeckt hat und nicht alle restlichen Stiche macht.

:top:


Analog dazu wäre folgende Situation:

AS in VH sagt: Kreuz!

kr07 heas

AS: Keinen Trumpf?
GS: Oh, Mist.
GS nimmt heas zurück.

AS wirft seine Karten in die Mitte.

Du hast verloren, du machst nicht Rest. :D
Deutschlands bester Vorhandgeber. :)
Primrose
 
Beiträge: 1920
Registriert: 27. Sep 2013 19:26

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon John » 4. Apr 2018 23:39

Es hat hier schon viele Diskussionen gegeben, die man durchaus als Grundsatzdiskussionen bezeichnen kann. Oder auch "Grundsatzentscheidungen" durch das ISKG. Unter anderem wurde einmal festgestellt, dass es jedem AS freigestellt ist, einen Regelverstoß, der das Spiel für ihn den Gewinn bringen würde, nicht zu beanstanden, auch mehrere Male und ihn dann eben beim wiederholten Mal, jederzeit monieren könne. Kann man so entscheiden oder sehen, ok. Auf den Fall des Nutzers "Chris" bezogen, gehe ich - nicht überraschend - mit dem User "John" konform, der hier den Spielgewinn des AS ablehnen würde, im Sinne der Entscheidung des ISKG.

Allerdings scheint mir dieser User John :wink: ein Anhänger der Einzelfallentscheidung zu sein und Vergleiche, bzw. Parallelen zwischen verschiedenen Situationen scheinen ihn nicht ganz zu überzeugen.

Es dürfte also schon einen erheblichen Unterschied machen, wer wegen welcher Handlung eineForderung stellt. Und die Grundsatzentscheidung, wie sie MrKite auslegt, sehe ich nicht durch das ISKG gedeckt.

Im Fall von Chris fordert der AS halt verbal Spielgewinn, in gutem Glauben, im Recht zu sein. Und bekommt halt nicht Recht, weil das ISKG das Spiel eben noch nicht als beendet ansieht. Was ist der Unterschied zu dem Fall von mir? Schlicht und einfach der, dass der AS hier keine verbale Forderung stellt, wobei aber nichts dagegen spricht, dass er - eben durchaus regelkundig, MrKite - davon ausgeht, dass das Spiel nach 4.5.8. beendet ist.
Daher legt er seine Karten auf. Dass genau diese Handlung auch in diesem Falle als Abkürzung zu sehen ist, ist ein Standpunkt, zu dem jedoch meines Wissens keineswegs ein explizites, anzuwendendes Urteil vorliegt.
Wird, bzw. würde nämlich ein Schiedsrichter zu der Erkenntnis kommen, den
4.5.8. anzuwenden, evtl. in Unkenntnis der Entscheidung im Fall "Chris", dann wäre das Spiel auch ohne verbale Forderung beendet. Kennt er aber den Fall und das Urteil und wendet ihn an, ist das Spiel fortzusetzen. Die GS jedoch
ignorieren ihren eigenen Regelverstoß gegen den 4.5.8. und fordern ihrerseits Spielverlust des AS wegen eines weiteren Stiches, der eben nur bei einer "echten, unstrittigen Abkürzung eine Relevanz hätte, nicht aber bei einer Schirientscheidung, die korrekt auf Weiterspiel lauten würde. Die Forderung der GS ist also abzulehnen und wenn man hier an fadenscheiniges Recht denkt, dann stellt sich echt die Frage, gegenüber welcher Partei!
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon mr.kite » 5. Apr 2018 00:17

Primrose hat geschrieben:[Analog dazu wäre folgende Situation:

AS in VH sagt: Kreuz!

kr07 heas

AS: Keinen Trumpf?
GS: Oh, Mist.
GS nimmt heas zurück.

AS wirft seine Karten in die Mitte.

Du hast verloren, du machst nicht Rest. :D

Nicht so gut wie üblich. Dein Beispiel unterscheidet sich wesentlich, denn Nichtbedienen ist ein Regelverstoß mit gänzlich anderen Rechtsfolgen wie fast alle anderen Regelverstöße,
da
2. Die Beanstandung des Nichtbedienens auch noch nach einer (misslungenen) Abkürzung erfolgen kann und
1. Der AS in Deinem Beispiel explizit ja durchaus auf den Regelverstoß hingewiesen hat.
Damit kommt man logischer-, )aber nicht zwingender)weise auf ein anderes Ergebnis.
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6841
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon John » 5. Apr 2018 08:36

MrKite, woher nimmst du aber diesen Unterschied da genau. Ich bin ja kein Jurist, aber meine Frage: Sollte das mit dem Grundsatz "Wo kein Kläger, da kein Richter" zusammenhängen?

Eine gewisse Logik, natürlich keine zwingende, könnte ich darin entdecken.
Meine Logik, juristisch laienhaft ausgedrückt, ist jedoch so: Unstrittig begehen die GS mit ihrer Aussage "schneiderfrei" oder "31" einen Regelverstoss. Und zwar einen, der laut 4.5.8. mit dem Verweis auf 4.2.9. und weiter auf entsprechende Rechtsfolgen ihn, den AS, berechtigen, sofortigen Spielgewinn zu fordern.
Um nun seine Handlung - also das Aufdecken der Karten - anders zu deuten als eben genau als diese Forderung, musst du einen Grund liefern. Als einzigen Grund sehe ich aber keine Bestimmung, auch keinen logischen Zwang, wie du ja selbst einräumst, sondern nur eine in sich durchaus logische Interpretation.
Wieso aber sollte diese Interpretation für einen Schiedsrichter die maßgebliche sein, der sich an der Abfolge orientiert, welche so zu sehen ist:

1. Regelverstoss der GP
2. Aufdecken der Karten des AS
3. Deuten dieses Aufdeckens der GS als Spielaufgabe - unter Ignorierung des vorherigen eigenen Regelverstosses.

Bleibt die Kernfrage, mal so formuliert: Bleibt ein unstrittiger Regelverstoss nicht auch dann ein solcher, wenn zwar fraglich ist, ob der AS ihn tatsächlich moniert, durch seine Handlung (das Aufdecken) selbst Anlass für eine Forderung der GS bietet, die schließlich zu einer Schirientscheidung führt?
Hat der Schiri nun nicht das Recht, oder gar die Pflicht, den ersten Regelverstoss zu ahnden in seiner Entscheidung, unabhängig davon, ob der AS ihn moniert hat oder nicht?
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon Wenzlator » 5. Apr 2018 08:57

Ekel Alfred hat geschrieben:Der AS hat reklamiert, er hat das Spiel abgebrochen. Das er zu wenig gesprochen hat kann ja wohl kein Kriterium sein. Sonst kann man ja auch eine schriftliche Erklärung fordern.


Der Alleinspieler hat nicht zu wenig, sondern gar nicht gesprochen. Das Schriftformargument hake ich mal unter Polemik ab.

Das wortlose Auflegen der Karten ist nach der Skatordnung eine Spielabkürzung und kein Beanstanden eines Regelverstoßes.

4.3.4*: „Durch das Auflegen oder Zeigen seiner Karten (auch nur an einen Gegenspieler) während eines Farb- oder Grandspiels ohne Abgabe einer Erklärung verpflichtet sich der Alleinspieler, alle weiteren Stiche zu machen. ..."

Hinzu kommt: Nachdem die Gegenspieler aus dem Schneider sind, ist doch der Versuch einer Spielabkürzung durchaus plausibel.
Wenzlator
 
Beiträge: 64
Registriert: 24. Apr 2007 00:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon John » 5. Apr 2018 09:11

Gilt das Gleiche wie für MrKites Ausführungen: Sie sind logisch, aber nicht logisch zwingend. Kann jedoch nicht der Urteilsspruch des Schiris das gleiche Prädikat für seine Begründungen in Anspruch nehmen? Oder ist die Logik eines MrKite und eines Wenzlators mehr wert als die des Schiris, der am Tisch eine Entscheidung treffen müssen? Gibt es also in diesem Fall überhaupt die Möglichkeit einer Fehlentscheidung?
Es gibt kein besseres Mittel, das Gute in den Menschen zu wecken, als sie zu behandeln, als wären sie schon gut. (Gustav Radbruch)
Benutzeravatar
John
 
Beiträge: 3251
Registriert: 11. Dez 2006 01:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon Wenzlator » 5. Apr 2018 09:42

Nach dem Sachverhalt hat der Alleinspieler den Regelverstoß nicht einmal nach Erscheinen des Schiedsrichters beanstandet, vielmehr hat der Schiedsrichter den Regelverstoß quasi von Amts wegen zur Entscheidungsgrundlage gemacht. So geht es m.E. nicht (ne ultra petita)!
Wenzlator
 
Beiträge: 64
Registriert: 24. Apr 2007 00:31

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon Pgallert » 5. Apr 2018 09:44

Nee Leute, das macht alles keinen Sinn. Ekel Alfred hat die Regeln ja oben gepostet.

1) Lautes Zählen der Trümpfe oder Augen ist keinem Mitspieler erlaubt (siehe 4.2.9)
2) Alle Mitspieler haben sich jeglicher Äußerungen und Gesten zu enthalten, die geeignet sind, die Karten zu verraten oder den Spielverlauf zu beeinträchtigen. Bei Verstößen ergeben sich Konsequenzen aus den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6.
3) Unberechtigtes Ausspielen (oder ein anderer Regelverstoß) beendet das Spiel.

Also: Es ist der Regelverstoss, der das Spiel beendet. Nicht die Reklamation. Man kann eine "Nicht-Reklamation" als Aufforderung zum Weiterspielen ansehen. Das Aufdecken der Karten ist aber gewiss keine Aufforderung zum Weiterspielen.

Und ja, ich wuerde MH wegen Suchen eines fadenscheinigen Rechts ermahnen.
Pgallert
 
Beiträge: 251
Registriert: 30. Jun 2016 17:25
Wohnort: Windhoek

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon HomerJay » 5. Apr 2018 10:10

@ThomAss, Ekel Alfred
Danke

@mr.kite
Was soll die billige Polemik?

Ansonsten gehe ich konform mit dem letzten Beitrag von Pgallert:

Pgallert hat geschrieben:Nee Leute, das macht alles keinen Sinn. Ekel Alfred hat die Regeln ja oben gepostet.

Also: Es ist der Regelverstoss, der das Spiel beendet. Nicht die Reklamation. Man kann eine "Nicht-Reklamation" als Aufforderung zum Weiterspielen ansehen. Das Aufdecken der Karten ist aber gewiss keine Aufforderung zum Weiterspielen.

Und ja, ich wuerde MH wegen Suchen eines fadenscheinigen Rechts ermahnen.
Der Optimist glaubt, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben, und der Pessimist befürchtet, dass das stimmt.
HomerJay
 
Beiträge: 1743
Registriert: 21. Okt 2005 08:50
Wohnort: Frankfurt

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon Ekel Alfred » 5. Apr 2018 10:42

Ich würde den Aufschrei der Gerechten ja verstehen wenn es sich hier um Kneipenspieler handeln täte die erstmals im Leben auf ein Turnier fahren.

Gerade das Gegenteil trifft ja hier zu. Die GS haben einen klaren Regelverstoß begangen und dies soll nicht klar sanktioniert werden.
In der gesamten Skatgerichtsbarkeit geht es immer danach wer den ersten Fehler gemacht hat und wie schwerwiegend der war. Durch die Aussage der GS : "Schneiderfrei", ist das Spiel beendet. Da kann der AS nichts mehr falschmachen, ausser er spielt weiter, das hat er aber nicht getan.

Gerade auf Turnieren mit größerer Beteiligung kommt es öfter vor , dass die Gegenspieler verkünden: "Schneiderfrei" , oder "raus". Dies aber im Zusammenhang damit, dass sie das Spiel damit aufgeben und die Karten zusammenwerfen, weil sie erkannt haben , dass ein Gewinn nicht mehr möglich ist.
Benutzeravatar
Ekel Alfred
 
Beiträge: 982
Registriert: 28. Sep 2005 15:22

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon mr.kite » 5. Apr 2018 12:00

Wir befinden uns ja mit dem 4.5.8 ISkO im Bereich "allgemeine Grundregeln". Es hilft, hier einfach noch zwei Normen weiter zu gehen, zum 4.5.10 ISkO (die Alfred in seiner Aufzählung weggelassen hat):
4.5.10 Verstöße gegen die ISkO oder die SkWO sind sofort zu beanstanden.
Fettdruck nicht von mir, sondern im Original der Skatordnung vorhanden.

Dem entgegen ist Nichtbedienen speziell geregelt (da man es ja normalerweise nicht sofort erkennen kann). ISkO 4.2.4 regelt, dass Nichtbedienen (als einzige Ausnahme) eben auch noch zu einem späteren Zeitpunkt bis zum Zusammenwerfen der Karten (sh 4.2.5 ISkO) reklamiert werden darf. Daraus folgt (bis zu diesem Thread völlig unstrittig), dass bei anderen Regelverstößen eine Reklamation eben vorher stattfinden muss. Und wenn diese nicht oder nicht rechtzeitig stattfindet dann gilt der Regelverstoß als nicht begangen. Hierfür gibt es eine Vielzahl an veröffentlichen und nicht-veröffentlichten Entscheidungen des ISkG. Neben den leicht zu findenden (im Forum verlinkten) Entscheidungen in der Entscheidungssammlung kann man auch Streitfall 168 verwenden. Auch hier hatte die GP einen Kartenverrat begangen, den der AS nicht beanstandet hat und somit sein Spiel verlor:
ISkG hat geschrieben:Der Alleinspieler hat sein Spiel verloren.

Alle Mitspieler haben sich jeglicher Äußerungen und Gesten zu enthalten, die geeignet sind, die Karten zu verraten oder den Spielverlauf zu beeinträchtigen (ISkO 4.2.9).

Nach ISkO 4.5.10 sind Verstöße gegen die Internationale Skatordnung und Skatwettspielordnung von jedem Teilnehmer sofort zu beanstanden.

Im vorliegenden Fall war die Frage von Hinterhand an Vorhand, ob sie Kreuz führt, ein Kartenverrat und damit ein klarer Regelverstoß nach ISkO 4.2.9, weil es ein Eingriff in das laufende Spiel zum Nachteil des Alleinspielers ist. Eine sofortige Reklamation des Alleinspielers hätte zum Spielabbruch zu seinen Gunsten geführt. Der Alleinspieler hat aber die ausgespielte Kreuz-Lusche mit Kreuz-Ass übernommen und damit die Aussage von Hinterhand billigend in Kauf genommen. Er hat der Gegenpartei einen Vorteil gelassen, der ihr nicht zugestanden hat. Da er seiner Verpflichtung zur sofortigen Beanstandung nicht nach gekommen ist und weiter gespielt hat, gilt der Regelverstoß als nicht begangen und das Spiel ist entsprechend seines Ausgangs zu werten.
Hervorhebung von mir
Ritter des Ordens der unsichtbaren Hand
mr.kite
 
Beiträge: 6841
Registriert: 22. Apr 2010 14:06
Wohnort: München

Re: Entscheidung nach 4.5.8.?

Beitragvon HelAu » 5. Apr 2018 12:08

Dein Fall hat aber wenig mit dem gegebenen zu tun, denn in Deinem Fall wurde weitergespielt.
Hier hat der AS sofort hingeworfen was mMn gleichbedeutend mit der Beanstandung ist ...
Wer Rechtschreibfehler findet, darf diese behalten
Benutzeravatar
HelAu
 
Beiträge: 5321
Registriert: 6. Sep 2005 14:30

Nächste

Zurück zu Regelwerk

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 8 Gäste