Frage zu 4.1.9

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Frage zu 4.1.9

Beitragvon jayay » 16. Jan 2007 10:45

Moin Allerseits!

Ich habe eine Frage zu 4.1.9 der ISKO.

Der AS in HH spielt einen Grand. er nimmt den ersten stich mit und spielt den Kreuz-Buben aus. Jetzt-beim einziehen des ersten stiches- merkt die Runde, dass unter der ersten Karte des AS´s eine weitere Karte klebte.

Hat der AS jetzt verloren?
Gruß Jayay
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Beitragvon Kreuzpeter » 16. Jan 2007 11:20

Warum sollte der AS verloren haben ? Solange aus dem Kleben der Karten kein weiterer Regelverstoss entstanden ist (falsches Bedienen oder ähnliches) darf der AS die überzählige Karte wieder zurückstecken. Gerade dafür ist 4.1.9 doch gemacht, damit die GS aus einer mechanischen Unzulänglichkeit der Karten keinen Spielgewinn konstruieren können.
Man sollte allerdings mal überlegen, warum die Karte klebte. Mampft der AS noch nebenbei ein Marmeladen-Brötchen ? Hat der Geber sich die Finger gewaschen (wörtlich gemeint) ? Oder hat schon Stammvater Abraham mit diesen Karten gespielt ?

Gruß

Kape
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Beitragvon jayay » 16. Jan 2007 11:39

Moin KP!

Es handelte sich - so wurde mir berichtet - um neue Karten. Wie das mit der Händewascherei war kann ich nicht sagen :D
Nachdem diese Geschichte drei mal passiert war, haben sie die Karten ausgetauscht. Das Spiel ist meinem Bekannten als verloren abgeschrieben worden. Die kannten 4.1.9 anscheinend garnicht.

Mir war nur nicht klar ob es einen Unterschied in der Anwendung gibt, wenn der Vorfall erst bemerkt wird, wenn der AS schon wieder ausgespielt hat. Wie wäre es z.B. wenn der Vorfall erst einige Stiche später bemerkt wird - vielleicht sogar, wenn der AS zum Schluß keine Karte mehr auf der Hand hat die beiden GS jedoch jeweils noch eine? Ist nicht jeder dazu verpflichtet die Anzahl seiner Karten zu überprüfen?

Oder ist es so, dass der AS solange nicht verloren hat, solange er richtig bedient hat?
Gruß Jayay
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Beitragvon Kreuzpeter » 16. Jan 2007 12:06

Moin jayjay,

die Spieler müssen die Anzahl ihrer Karten vordem Reizen überprüfen, also nicht kontinuierlich. Sollte es im Extremfall tatsächlich erst beim letzten Stich auffallen, daß beim AS eine Karte geklebt hat, müssen alle Stiche geprüft werden, ob der AS auch immer korrekt bedient hat. Falls ja, ist das Spiel meines Erachtens nach so zu werten, als ob sich die Kleb-Karte die ganze Zeit auf der Hand des AS aufgehalten hätte.
Man sollte sich aber fragen, wie so etwas überhaupt passieren kann, denn hier treffen gleich mehrere Zufälle aufeinander: der Geber hat wahrscheinlich Mist gebaut, der AS hat nicht aufgepasst und trotzdem hat der AS die richtige Zahl an Karten auf der Hand; oder hatte hier der AS tatsächlich nebenbei ein Marmeladen-Brötchen zwischen den Kiefern, sprich die Verklebung selbst herbeigeführt ?

Gruß

Kape
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Beitragvon jayay » 16. Jan 2007 12:23

Wie gesagt- ich habe keine Ahnung, warum die Karte klebte. Es war ja auch im konkreten Fall so, dass bereits beim Einziehen des Stiches bemerkt wurde, dass zwei Karten bedient wurden. Der AS hatte allerdings vorher zum zweiten Stich ausgespielt.
Gruß Jayay
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klebende Karten

Beitragvon John » 16. Jan 2007 15:37

Hallo,

selbst bei einer Schiri-Nachprüfungs-Vorbesprechung wurde auf einen ähnlichen Fall keine absolute Antwort seitens der Prüfer gegeben. Hier lag die Karte unter dem Tisch und es ist glaubhaft und nachvollziehbar gemacht worden, dass sie dem AS gehörte und nie zu einer Bedienung nötig war.

Mit Begründung der unrichtigen Kartenzahl in der Hand ließe sich wohl der
Spielverlust herleiten, auch im vorliegenden Fall. Da hier allerdings der "Fehler", also die klebende Karte, sofort bemerkt wurde - und auch die ausgespielte Karte, zumindest am Anfang, Präzedenzanwendung denkbar - ja sogar als Handkarte definiert wird (um eine Spielansage nach Ausspiel zu sanktionieren), wäre das wohl kaum sachangemessen. Als Schiri interessiert mich allerdings am Schluss gemäß der Skatregeln eine Begründung, warum eine Partei eine falsche Kartenzahl auf der Hand hat, nicht.

Ich denke also, der AS ist dadurch, dass der Fehler rechtzeitig bemerkt wurde (hier wegen der Fairness der GS!) vor Spielverlust geschützt.

Gruß John
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Beitragvon Skatkommentator » 16. Jan 2007 16:11

Kein Wunder, dass der Prüfer darauf keine verbindliche Antwort geben konnte. Immerhin existiert keine verbindliche Entscheidung des Deutschen bzw. Internationalen Skatgerichts zu Sachverhalten dieser Art. Dennoch würde ich als Schiedsrichter zu einer eindeutigen Entscheidung gelangen (zumal mir diese Problematik schon vor längerer Zeit aufgefallen ist). Und wenn ich der Einzige hier bin: Bei mir hätte der Alleinspieler sein Spiel verloren.

Die Normen, auf die es ankommt, sind 4.1.9 S. 2, 4.2.6 S. 1 ISkO.

4.1.9 ISkO: "Zwei oder mehr gleichzeitig sichtbar ausgespielte oder aufgedeckt herausgefallene Karten der Gegenspieler oder eine solche Karte eines Gegenspielers ohne Ausspielberechtigung beenden sofort das Spiel entsprechend den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6. Der Alleinspieler ist berechtigt, versehentlich herausgefallene Karten ohne spielrechtliche Folgen wieder aufzunehmen. Er darf auch vorgezogene und sichtbar gewordene Karten zurücknehmen (Vorteil für die Gegenspieler)."

4.2.6 ISkO: "Besitzt ein Spieler trotz ordnungsgemäßer Kartenverteilung im Laufe des Spiels zu wenig oder zu viel Karten, weil er fehlerhaft gedrückt, doppelt bzw. nicht zugegeben oder es in irgendeiner anderen Form verschuldet hat, ist das Spiel zugunsten der Partei mit der richtigen Anzahl von Karten entsprechend den Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 beendet. Eine höhere Gewinnstufe erfordert den Nachweis, dass sie bei regelgerechtem Spiel sicher erreicht worden wäre."

4.2.6 S. 1 ISkO differenziert nicht danach, auf welche Art und Weise doppelt zugegeben wird. Ob man nun also einfach aus Versehen zwei Karten zugibt oder ob es daran liegt, dass zwei Karten aneinanderkleben, spielt keine Rolle.

4.1.9 S. 2 ISkO erlaubt dem Alleinspieler jedoch, versehentlich herausgefallene Karten wieder aufzunehmen. Das ist sinnvoll, da der Alleinspieler auf diese Weise verhindern kann, sein Spiel nach 4.2.6 S. 1 ISkO zu verlieren. Zweifelhaft ist allerdings zunächst einmal, ob eine doppelt zugegebene Karte im Sinne von 4.2.6 S. 1 ISkO zugleich eine versehentlich herausgefallene Karte im Sinne von 4.1.9 S. 2 ISkO sein kann. Bejahen wir aber dies der Einfachheit halber. Trotzdem muss eine zeitliche Schranke existieren, die verhindert, dass der Alleinspieler sich jederzeit auf 4.1.9 S. 2 ISKO berufen kann, um einen Spielverlust nach 4.2.6 S. 1 ISkO abzuwenden.

Die einzige vernünftige zeitliche Schranke, die das Verhältnis von 4.1.9 S. 2 ISkO zu 4.2.6 S. 1 ISkO nachvollziehbar klärt, ist die Vollendung des Stiches, in dem der Alleinspieler doppelt zugegeben hat. Schließlich gilt es zu verhindern, dass der Alleinspieler noch viele Stiche nach dem doppelten Zugeben seine doppelt zugegebene Karte - gegebenenfalls sogar unter Rückgängigmachung der bis dahin gespielten Stiche - einfach so ohne Folgen wieder aufnehmen kann. Verhindert werden kann dies aber nur mit einer vernünftigen zeitlichen Beschränkung, was die Inanspruchnahme von 4.1.9 S. 2 ISkO angeht, und diese kann logischerweise nur die Vollendung des Stiches sein. Nur so macht das Nebeneinander von 4.1.9 S. 2 ISkO und 4.2.6 S. 1 ISkO überhaupt Sinn: Der Alleinspieler soll die Möglichkeit haben, im aktuellen Stich eine versehentlich herausgefallene Karte dank 4.1.9 S. 2 ISkO wieder aufnehmen zu können. Tut er dies nicht, verliert er sein Spiel gemäß 4.2.6 S. 1 ISkO.

Diese Vorgehensweise kann man als pingelig und zu hart empfinden, gerade wenn der Alleinspieler das Missgeschick sofort nach dem Ausspielen zum nächsten Stich bemerkt, und vor allem dann, wenn man immer wieder (im Skat kaum mögliche) gerechte Einzelfallentscheidungen verlangt. Aber ohne diese Vorgehensweise besteht eine nicht hinnehmbare Unsicherheit darüber, bis zu welchem Zeitpunkt der Alleinspieler eine versehentlich herausgefallene Karte wieder aufnehmen darf.

Eine abschließende Entscheidung bleibt natürlich dem Deutschen bzw. Internationalen Skatgericht überlassen. Wenn jemand von euch den Fall einschickt (ich darf das ja nicht), dann denkt bitte daran, auch die Konstellation mit zu berücksichtigen, in welcher das Versehen des Alleinspielers erst mehrere Stiche später bemerkt wird. Hier schlägt 4.2.6 S. 1 ISkO unstreitig und gnadenlos zu und es gibt keinen auf die Regeln stützbaren Grund, nicht genauso zu verfahren, wenn bereits einen Stich später die versehentlich herausgefallene Karte entdeckt wird.
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