Der aufgedeckte Null

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

Der aufgedeckte Null

Beitragvon Kannnix18 » 29. Apr 2007 16:36

Hi Pinnies, hallo Marc;

Kannste mal folgenden Fall unter die Lupe nehmen?
Und zwar aus heutuger Sicht nach den dazu veröffentlichten Urteilen und Regeln?

Bin mir ziemlich sicher, dass er ausreichen würde, um die Urteile in den zuvor genannten Fallbeispielen zu Regelverstößen bei offenen Spielen durch den Alleinspieler zu untermauern?

Kann es sein ,dass dieser Fall nicht (mehr) in den Sammlungen zu finden ist?


Dann wäre das eines der Urteile, nach denen du mich mal gefragt hattest.

Es gibt dieses Urteil vom Skatgericht aus Bielefeld ( denn wir hatten ja auch 2 davon. Das andere saß in Altenburg und war nichtmal Mitglied im DSKV bis zur Wende)

Kann es sein, dass dieses Urteil niemals in der Endscheidungssammlung berücksichtigt wurde ?
Ich habe als Sammler übrigens den Erstentwurf!

Es existiert aber bis heute, wurde niemals wiederrufen und ist aktueller denn je ! :!:

Der Fall:

MH spielt Null.

Nach drei Stichen ist er nicht mehr drin und zeigt den GS offen seine 7 Restkarten ( ohne Kommentar! Was das bei Nullspielen bedeutet, wissen wir? )

VH hat aber nochmal ausgespielt, worauf MH eine andere als die geforderte Farbe zugibt.

Die GS reklamieren Spielverlust wegen Nichtbedienen?

Fallbeispiel2 :
Gleiche Situation.
Hier zeigt MH seine Karten offen, und spielt dann aus. obwohl ein Gegner an der Reihe gewesen wäre!?

Wie ist zu endscheiden?

Und hier sehe ich die höchstrichterliche Brücke zu den zuvor geschilderten Fallbeispielen.
Genau diesen Fall wollte ich dem Deutschlandpokal-Oberschiri abends im Hotel immer wieder unter die Nase reiben.

Was glaubt ihr wohl, wie denn hier das ehemalige Skatgericht unter Vorsitz von Helmut Schmidt * damals geurteilt hat.

Muss ein DSKV-Schiri dennoch heute anders entscheiden ( Ast? )

Oder kennt ihr diese Rechtsprechung garnicht ?
Vor allem die Begründung ist sonnenklar und einleuchtend.
Deshalb meiner Meinung nach auch immer im Analogieschluss auf ähnliche "Regelverstöße (oberflächlich betrachte,) anwendbar.

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Beitragvon Ast » 29. Apr 2007 19:05

Hi Walter!

Das Urteil kenne ich nicht.
Aber:
Die GS sind ja nicht verpflichtet aufzugeben! Wenn der AS sich verwirft, sollte er auch akzeptieren, dass er einen entscheidenden Fehler gemacht hat.
Als Beispiel sei mein eigenes Missgeschick bei einem SO-Turnier zu sehen:
Dort hatte ich einen Grand, die Gegener bekommen max. noch einen Stich und ich klicke versehentlich auf aufgeben!
Man hab ich mich geärgert!!!
Hier käme mir niemals in den Sinn trotzdem einen Spielgewinn für mich zu fordern. Ich war ja schliesslich selbst Schuld.


Auch sehe ich als Problematik an, dass ansonsten ein Schiedsrichter immer beurteilen muss, ob ein Spiel wirklich gewonnen worden wäre.

Ich persönliche finde eigentlich die Regeln gut, dass die Skatordnung bei solchen Spielen trotzdem greift. Ich habe keine Lust mich mit tausenden von verschiedenen Ausreden auseinanderzusetzen.


Gruß
Andreas

P.S.: Ein Schiri muss eh nicht immer gleich entscheiden. Zu manchen Fällen gibt es bestimmt mehrere Entscheidungsmöglichkeiten. Man muss nur seine Entscheidungen begründen können.
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Beitragvon Kannnix18 » 29. Apr 2007 21:31

Ohjee Andreas;
Du bist aber auch ziemlich radikal? :wink: :lol:
Zwischen den Regeln (die du anführst und die auch als Grundlage zur Entscheidungsfindung unbedingt dazugehören --zumindest deren Kenntnis) ist es doch gerade die Erfordernis ,den starren Vorgaben durch "sinnvolle Deutung Leben zu verleihen"...
wie es schmalziger aber zutreffender nicht hätte formuliert werden können?

Und genau diese Aufforderung ist auch Teil des Regelwerkes und meines Erachtens oberste Pflicht für einen regelkundigen Schiri!!

Eben weil es soviele denkbare oder eines Tages noch eintretende Fallbeispiele gibt, kann man nicht alles vorprogrammieren und abregeln:

Und genau deshalb ist hier das Rechtsgefühl ,der gesunde Menschenverstand und vor allem die Fairneß und Sportlichkeit oberstes Gebot und Leitlinie!!

Auch in der Gestzgebung kann man nicht jedes Vergehen ,jede Straftat komplett mit allen Facetten erfassen!!

Analog dazu darf auch die Rechtsprechung im Skatbereich keine starre Norm sein ,die man immer nachlesen kann.
Diejenigen,die das am liebsten so hätten und permanent und stur in diese richtung alles vorantreiben ,müssen doch irgendwann auf die nase fallen??
Jedes Recht ist eine sich städig veränderndes Gebilde!
Niemals darf ein Gesetzeswerk endgültig und für immer sein!!

Wenn es nicht mehr lebt ( sprich : sich nicht mehr verändert)ist es ein totes ,veraltetes oder abzuschaffendes gesetz.(Vorschrift etc.)

Wer dennoch in unserem Bereich der Schiedsrichter -und Skatordnung nach diesem starren ,ultimativen Modell strebt, wird früher oder später an seine Grenzen stoßen.

Alle Kongresse seid mehr als 100 jahren dokumentieren ,dass es immer etliche Veränderungen im Regelwerk gab..
und garantiert immer geben wird!!
Auch wenn einige Honoritäten heutzutage offensichtlich glauben ,als Lebenwerk die Zeit herbeizuführen, wo man nichts mehr hinzufügen oder ändern müsste!? :D :)


Und genau diese Mentalität wird weder rübergebracht in heutigen Schulungen , noch gefördert durch dazu passende Weisungen ...sprich : Urteile, die es vormachen!!

Kein Wunder also, wenn die jüngeren Schiries bei allem Sachverstand nicht mehr auf Grauzonen eingehen und nur schwarz oder weiss kennen.

Sogar die Nachprüfungen engen diesen ausdrücklich geforderten und unerlässlichen Spielraum für einen guten Schiri weiter ein.
Jammerschade !

Ich gebe dazu ein anderes Beispiel ,das in diesem Zusammenhang auch deutlich macht ,worauf die Endscheidung hinauszulaufen hat ? ( oder ehemals hatte ? )

MH spielte einen Null und übernimmt im 4. Stich he08 mit he10, worauf HH drunterbleibt mit he09!

Dennoch zieht HH diesen Stich ein und spielt erneut aus ?

Wie ist zu endscheiden?

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Beitragvon Chevalier » 29. Apr 2007 21:37

Der letzte Fall ist klar. Der Stich ist nach Zugabe der dritten Karte vollendet. Er gehört dem AS. Und damit hat der AS verloren und das Spiel ist beendet.
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Beitragvon Skatkommentator » 29. Apr 2007 23:03

Zum letzten Fall, dessen Entscheidung Chevalier richtig genannt hat, siehe Streitfall 67: http://www.dskv.de/upload_user/skatgeri ... f00067.php

Bevor es in der Sache weitergeht, möchte ich noch anmerken, dass meine Übersicht zu den Skatgerichtsentscheidungen gerade mal wieder vollkommen ihren Zweck erfüllt hat. :D

Was die beiden "Null"-Fälle angeht, so dürften nach heutigem Stand beide Lösungen vertretbar sein - wobei ich in beiden Fällen dem Alleinspieler sein Spiel gutschreiben würde. Mittelhand hat eine zulässige Spielabkürzung vorgenommen, durch die sie zeigt, definitiv keinen Stich zu machen. Sind die Gegenspieler mit einer Spielabkürzung des Alleinspielers nicht einverstanden, müssen sie ihn zum Weiterspielen auffordern. Ob das auch dadurch geschehen kann, dass die Gegenspieler unbeeindruckt weiterspielen, ist bereits fraglich. Grundsätzlich ist der Alleinspieler selbst schuld, wenn er, obwohl sein (noch nicht gewonnenes) Spiel eigentlich nicht zu verlieren ist, einen Regelverstoß begeht. Demgegenüber halte ich aber den in den anderen Themen diskutierten Aspekt für wichtiger, nämlich dass der Alleinspieler mit dem Auflegen seiner Karten das Spiel nicht mehr verlieren kann. Gerade für Nullspiele gilt diese These wegen des Wortlauts von 5.2.7 ISkO in noch höherem Maße: "Ein Nullspiel ist für den Alleinspieler gewonnen, wenn er keinen Stich macht." Mit dem Auflegen der Karten ist klar, dass der Alleinspieler keinen Stich mehr macht. Demnach haben die Gegenspieler kein schutzwürdiges Interesse daran, noch von einem Regelverstoß des Alleinspielers profitieren zu können. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass das Internationale Skatgericht genauso entscheiden würde. Ein derartiger Fall ist mir allerdings bislang in den veröffentlichten Entscheidungen nicht unterkommen (und nur Gott weiß, wie oft ich die schon alle durchgelesen habe...). Man kann jedoch anderen Entscheidungen (z. B. dem angesprochenen Streitfall 67 oder dem schon woanders erwähnten Streitfall 74 - Ausspielen eines Asses bei Nullspielen als Spielaufgabe) entnehmen, dass auch solche Spiele, die auf normalem Wege nicht mehr verloren/gewonnen werden können, nicht durch Regelverstoß der anderen Partei gewonnen/verloren werden sollen.

Nichtsdestotrotz bleibt es auch vertretbar, auf Spielverlust zu entscheiden, da ein Spiel mit der Spielabkürzung des Alleinspielers noch nicht beendet ist, sondern erst mit dem Scheitern der Spielabkürzung. Deswegen wäre es aber gerade so paradox, auf Spielverlust zu entscheiden. Entweder gelingt die Spielabkürzung des Alleinspielers und er bekommt keinen Stich mehr - dann gewinnt er mit dem Auflegen der Karten - oder seine Spielabkürzung scheitert, weil er doch noch einen Stich macht, und er verliert sein Spiel dann ohnehin. Dieses Argument passt zwar nicht hundertprozentig zur Abwandlung (Mittelhand spielt nach dem Auflegen unberechtigt aus), doch man sollte die Spielmechaniken im Auge behalten. Nimmt man eine Spielabkürzung vor, muss man der anderen Partei die Chance zur Reaktion geben. Das heißt: Im Prinzip ist alles, was der Alleinspieler zwischen Spielabkürzung und der Chance der Gegenpartei zu einer Reaktion macht, ohne Belang (z. B. Aufdecken des Skats). Selbst wenn man das nicht so sieht, gilt wieder: Kriegt der Alleinspieler keinen Stich, gewinnt er mit dem Aufdecken. Macht er doch einen, verliert er ohnehin, ob nun wegen des Stiches, der gescheiterten Spielabkürzung oder wegen unberechtigten Ausspielens (oder jedem anderen anschließenden Regelverstoß).

Fazit: In beiden Fällen sind beide Lösungen vertretbar, ich bevorzuge aus den genannten Gründen jedoch in beiden Fällen die Entscheidung auf Spielgewinn für den Alleinspieler.

Übrigens: Es wäre schön, wenn man in der realen Welt derart unwiderlegbare bzw. nachweisbare Fakten schaffen bzw. vorfinden könnte, wie man sie online durch entsprechende Mausklicks entstehen lassen kann. :lol:
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