gleich noch was Neues?

Fragen zur ISkO

Moderator: Taronga

gleich noch was Neues?

Beitragvon John » 7. Jul 2009 00:28

Drei etwas unaufmerksame (zerstreute, abgelenkte, hektische) Spieler an einem Dreiertisch. Der AS sagt "Null" an, der Null wird gespielt, nach der Spielentscheidung wird im Gespräch übereinstimmend festgestellt, dass der Reizwert 24 war. Die entsprechende Regel ist mindestens einem am Tisch bekannt. Uns hier natürlich auch. Aber folgende Fragen:

1. Ist eine etwaige Reklamationsfrist abgelaufen? Gibt es diese hier überhaupt? Ist die Gültigkeit einer Reklamation ergebnisabhängig?

2. Falls die Fragen bei 1 mit Nein beantwortet werden, nächste Frage:

Keiner der 3 Spieler kann mehr mit Sicherheit sagen, wie die Verteilung der Buben war. Welches Spiel wäre also dann als verloren abzuschreiben?
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Re: gleich noch was Neues?

Beitragvon Das_Huhn » 7. Jul 2009 10:50

John hat geschrieben:1. Ist eine etwaige Reklamationsfrist abgelaufen? Gibt es diese hier überhaupt? Ist die Gültigkeit einer Reklamation ergebnisabhängig?
?


Bei Ansage eines aufgrund des Reizwertes ungültigen Spiels endet die Reklamationsfrist mit dem Eintrag des Ergebnisses in die Spielliste. Der AS hat im geschilderten Fall also verloren.

John hat geschrieben:2. Falls die Fragen bei 1 mit Nein beantwortet werden, nächste Frage:

Keiner der 3 Spieler kann mehr mit Sicherheit sagen, wie die Verteilung der Buben war. Welches Spiel wäre also dann als verloren abzuschreiben?


Zugunsten des Angeklagten, also das anhand des Reizwertes billigst mögliche Spiel. Im vorliegenden Fall Kreuz einfach.

Grüße
Das_Huhn
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Beitragvon Wenzlator » 7. Jul 2009 14:51

1. Eine echte Reklamationsfrist gibt es meines Wissens hier nicht, ein verlorenes Spiel ist und bleibt verloren. Wenn das Spiel allerdings in die Liste bzw. die Listen eingetragen wurde, ist eine nachträgliche Änderung nur mit Zustimmung aller Spieler möglich.

2. Das gibt einen einfachen Kreuz verloren, also - 48 Punkte.
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Beitragvon Skymaster » 7. Jul 2009 15:50

warum nicht das nächst höher Null spiel also Nullhand. ?
-70
Zähl' Trumpf und Augen allemal, so hast du nie die "Qual der Wahl", ob Abzuwerfen oder Stechen, und must für's Spiel nicht auch noch blechen!
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Beitragvon Skatkommentator » 7. Jul 2009 16:07

@Skymaster: Das liegt an 3.4.4 S. 4 ISkO: "Die Ansage eines nicht mehr durchführbaren Nullspiels endet mit dem Verlust eines Farb- oder Grandspiels unter Berücksichtigung der letzten Reizhöhe und der Anzahl der vorhandenen oder fehlenden Spitzen."

Die beiden Ausgangsfragen behandeln, auch wenn das nicht sofort ersichtlich ist, zwei unterschiedlich zu entscheidende Konstellationen. Frage 2 ist sogar (unbewusst/ungewollt) "falsch" formuliert.

Zu 1.: Die Reklamationsfrist von 4.5.10 S. 1 ISkO ("sofort") gilt, wie bereits richtig geschrieben wurde, im Rahmen von 3.4.4 S. 4 ISkO nicht (somit hängt auch der Spielausgang selbstverständlich nicht damit zusammen), siehe Streitfall 142: http://www.dskv.de/upload_user/skatgeri ... f00142.php
Es ist davon auszugehen, dass dann dementsprechend die Höchstbeanstandungsfrist gilt (mit dem Zusammenwerfen der Karten beider Parteien, vgl. 4.2.5 ISkO; die Eintragung in die Spielliste ist nicht maßgeblich: Sie wird zwar oft, aber nicht immer erst nach dem Zusammenwerfen der Karten beider Parteien vorgenommen).

Zu 2.: Diese Höchstbeanstandungsfrist ist es auch, welche die zweite Frage merkwürdig erscheinen lässt. Entweder können die Spieler den Bubenstand anhand der nicht zusammengeworfenen Karten rekonstruieren (bei Uneinigkeit macht das der Schiedsrichter) - oder die Rekonstruktion scheitert daran, dass die Karten beider Parteien bereits zusammengeworfen wurden, wodurch die Beanstandung der Spielansage ohnehin schon verfristet ist (sodass eine Rekonstruktion des Bubenstands von Anfang an nicht erforderlich wäre).
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Beanstandungsfrist

Beitragvon John » 8. Jul 2009 15:20

Dass du hier den 4.2.5. auf eine Situation anwendest, die mit dem darin angesprochenen Fall (Nicht Bedienen) nichts zu tun hat, verwundert mich, ich will mich aber nicht dagegen aussprechen.

Allerdings mit dem Bedenken, dass ja der Sinn des 4.2.5. gerade darin liegt, eine Grenze der Nachweisbarkeit einer durch Regelverstoss bedingten Spielentscheidung zu setzen. Diese Grenze bezieht sich aber in dem von mir dargestellten genau eben nicht auf diese Nachweisbarkeit.

Unstrittig bedeutet doch genau hier, dass sich alle Spieler darüber einig sind, dass 3.4.4. , 4. Satz zutrifft und nur spät reklamiert wurde.

Wo bleibt also die juristisch sattelfeste Begründung dafür, dass es für die Entscheidung auf Spielverlust nach 3.4.4. (ich spreche gar nicht von einer Reklamation, sondern von einer Feststellung, die auch vom AS kommen hätte können, der Reizwert "24" ist unstrittig, ebenso die Ansage!) zu spät ist? Ich glaubs ja, aber die Begründung durch 4.2.5. überzeugt nicht.

Wenn nun aber ein Spielverlust noch möglich ist, macht Frage 2 sehr wohl einen Sinn und auch die Zugrundelegung des Mindestverlustes wie von Huhn und Wenzlator vorgeschlagen.

@Skymaster: Einen Null-Hand oder Null-Ouvert schließt das Regelwerk eindeutig eben aus!
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Beitragvon Skatkommentator » 8. Jul 2009 17:13

Das mit 4.2.5 ISkO ist ja im Prinzip nicht meine Idee. 4.2.5 ISkO wird vom ISkG dergestalt ausgelegt, dass mit dem Zusammenwerfen der Karten beider Parteien jeglicher Reklamationsanspruch beider Parteien erlischt, siehe die Begründung zu Streitfall 124: http://www.dskv.de/upload_user/skatgeri ... f00124.php

Argumentierte man nun, 3.4.4 S. 4 ISkO behandle keinen Regelverstoß, schaffte man damit einen rechtsfreien Raum, obwohl 4.2.5 ISkO für Beanstandungen jeglicher Art gelten soll. Außerdem wäre das Argument nur bedingt richtig, da es nicht um die Natur der Regelung geht, sondern um die Frage, welche Beanstandungsfrist für diese Regelung gilt. 4.5.10 S. 1 ISkO (sofortige Beanstandung von Regelverstößen) soll zwar laut ISkG nicht für 3.4.4 S. 4 ISkO gelten, aber daraus kann man wie gesagt nicht folgern, dass 3.4.4 S. 4 ISkO keinen Regelverstoß behandelt. Es gibt schließlich auch andere Vorschriften, die Regelverstöße behandeln und eine andere bzw. großzügigere Beanstandungsfrist im Vergleich zu 4.5.10 S. 1 ISkO vorsehen. Darüber hinaus spricht doch gerade die Tatsache, dass das nach 3.4.4 S. 4 ISkO anzuschreibende Verlustspiel nach dem Zusammenwerfen der Karten beider Parteien hinsichtlich der Wertigkeit nicht mehr ermittelt werden kann, dafür, 4.2.5 ISkO als Beanstandungsobergrenze auch für Fälle von 3.4.4 S. 4 ISkO anzusehen.

4.2.5 ISkO in der Auslegung des ISkG muss also auch auf 3.4.4 S. 4 ISkO angewendet werden, solange das ISkG nicht in 3.4.4 S. 4 ISkO nicht weitere Ausnahme zu 4.2.5 ISkO bzw. in dem Verhalten des Alleinspielers einen Betrugsversuch sieht.

Gehen wir damit einmal von der Geltung von 4.2.5 ISkO für 3.4.4 S. 4 ISkO aus. Sind sich nun also alle Spieler einig, dass 3.4.4 S. 4 ISkO eingreift, und will auch der Alleinspieler sich unbedingt das Verlustspiel anschreiben lassen, so besteht diese Möglichkeit rein tatsächlich auch nach dem Zusammenwerfen der Karten beider Parteien - genauso wie die Möglichkeit jeder anderen unrechtmäßigen Eintragung auch. Ein hinzugezogener Schiedsrichter müsste das natürlich wieder rückgängig machen.

Geht man demgegenüber davon aus, dass 4.2.5 ISkO nicht für 3.4.4 S. 4 ISkO gilt, und ist nicht mehr klar, welche Spitzen der Alleinspieler führte, bietet sich ein Kompromiss an: Man könnte dann lediglich die letzte Reizhöhe als Faktor für die Wertigkeit des Verlustspiels berücksichtigen. Damit würde man zugleich das Kriterium der Zugrundelegung der niedrigsten Punktzahl (vgl. 7.2.5 S. 1 SkWO) auf die vorliegende Konstellation übertragen, was nur fair wäre, wenn sich schon der Alleinspieler (meiner Auffassung nach) die Entscheidung auf Spielverlust an sich gar nicht gefallen lassen müsste.
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Beitragvon John » 8. Jul 2009 23:37

Hi Marc, ich bin mir nicht ganz sicher, ob du dich über die folgende Stellungnahme freuen wirst :?:

Du hast absolut Recht und deine Ausführungen decken sich mit dem, was ich bei meiner Schiri-Verlängerung, bzw. bei den Infos davor, über die tieferen Zusammenhänge zwischen einigen Paragraphen der ISKO glaube verstanden zu haben (bezieht sich nicht auf diesen Fall, der war erst nachher)!

Soll also heißen: Deine Ausführungen gewinnen an Logik, Verständlichkeit und Akzeptanz von Entscheidungen, ohne dass ich damit behaupten will, dass ihnen diese Eigenschaften vorher generell gefehlt haben!

Gruß

John
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Beitragvon Skatkommentator » 9. Jul 2009 16:27

Danke, das freut mich, aber je mehr juristische Sachen ich während der Examensvorbereitung lese, desto schlimmer wird das bestimmt auch wieder. :lol:

Sollte die tatsächliche Regellage halbwegs klar und nachvollziehbar sein (ohne ISkG-Entscheidung darf man sich ja nie zu sicher sein), kann man sich aber auch wieder Gedanken über etwaige Regelreformen machen. Skat ist doch ein Spiel, das demnach vor allem gespielt werden soll. Spielgewinne durch Regelverstöße sollten somit die Ausnahme sein. Deshalb kann ich Regeln wie 3.4.4 S. 4 ISkO oder 4.1.1 S. 4 ISkO (unberechtigtes Ausspielen des Alleinspielers vor der Spielansage) nicht viel abgewinnen (vermutlich im Gegensatz zu Turnierorganisatoren, die sich über jede "Beschleunigungsmöglichkeit" freuen).

In diesen beiden Fällen würde ich folglich Korrekturmöglichkeiten befürworten. Gerade im Hinblick auf Nullspiele wäre das angebracht, da sie im Gegensatz zu Farb- und Grandspielen nach der Ansage immer einen festen Wert haben ohne offene ("Schneider", "Schwarz") oder verdeckte (Spitze im Skat) Steigerungsmöglichkeiten. Wir haben ja bei einer Diskussion im offiziellen DSkV-Forum neulich festgestellt, wie wenig Optionen ein Alleinspieler hat, wenn ihm einmal eine ungültige Nullspielansage unterlaufen ist. Unternähme man hiergegen etwas, könnten noch mehr Nullspiele durchgeführt werden, die mir zumindest immer viel Spaß gemacht haben.
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Entscheidungsmotive

Beitragvon John » 9. Jul 2009 17:15

Dein letzter Beitrag hat mich zu einigen fallunabhängigen Überlegungen inspiriert.

Welche Motive für Entscheidungen (mal unabhängig von der Ebene) gibt es denn?

1. möglichst viele Spiele durchführen und nach Ausgang werten
2. möglichst viele Spiele kurz abzuwickeln
3. möglichst buchstabengetreu entscheiden
4. möglichst nach irgendeinem Gerechtigkeitssinn entscheiden
5. ...........

Ich kann eigentlich aus der Praxis nur sagen, dass ich noch nie gehört habe, dass Variante 2 bei der Entscheidungsfindung irgendeine Rolle spielen soll oder könnte.

Mein Eindruck der derzeitigen Entscheidungspraxis ist etwa der, dass man (nun, das ISKG halt, ohne wieder auf die Grundsatzthematik hier zurückfallen zu wollen), Entscheidung nach 1 einer Entscheidung nach 2 vorzieht, natürlich prüft, ob man nach 3 anders entscheiden muss. Sieht man dies nicht, so entsprechen wohl die "freien" Entscheidungen, wo also geltende Paragraphen vertretbar nicht direkt angewendet werden müssen, schon dem Prinzip 4.

Noch ein Gedanke erscheint mir wichtig. Wo ein Entscheidungsspielraum für das ISKG da ist (war), z. B. beim angesprochenen unberechtigten Ausspielen vor der Spielansage, sind ja mehrere logischen Folgen einer anderweitigen Entscheidung zu berücksichtigen. Schließlich gilt ja eine ausgespielte Karte als Handkarte und die Ansage muss nachgeholt werden. Würde man also die Berechtigung zum Ausspiel nur prüfen, wenn vorher eine Spielansage erfolgt wäre, so könnte ja diese Entscheidungslinie ganz andere Folgen zeigen, man denke nur an schnell erfolgende Reaktionen der GS, "indirekte Ansagen wie es ist ein Grand geworden - nach Skataufnahme usw.

Ich bin mehr denn ja davon überzeugt, dass das gesamte Entscheidungsgefüge in sich stimmig ist und nicht so leicht durch punktuelle scheinbare Verbesserungen in Frage gestellt werden sollte.

Das Gefüge bei Bedenken gegen einzelne Teile zu optimieren, ohne einen Einsturz zu riskieren, ist natürlich genau so legitim wie ein ganz neues Gefüge zu konstruieren und als Alternative auf dem Markt anbieten.
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Beitragvon Skatkommentator » 10. Jul 2009 16:56

Selbstverständlich ist das bisherige Entscheidungsgefüge größtenteils stimmig (sonst hätten wir ganz andere Zustände). Jegliche Änderungen, die jetzt und in der Zukunft angeregt werden, sind demnach zwangsläufig Ausdruck der eigenen Präferenzen.

Ich werfe auch nicht dem ISkG vor, auf die möglichst schnelle Abwicklung von Spielen aus zu sein (im Sinne der Turnierorganisatoren dürfte sie trotzdem sein), sondern unterstelle der ISkO, in manchen Fällen eher "spieldurchführungsfeindlich" zu sein. Nimmt man diesbezüglich Änderungen vor, muss man natürlich auch die Folgen entsprechend berücksichtigen. Wenn ich also vorschlage, dass der Alleinspieler für das unberechtigte Ausspielen vor der Spielansage nicht bestraft werden soll, muss ich auch 3.4.6 S. 2 ISkO ergänzen, z. B. durch die Einfügung von "(unberechtigt)" vor "ausgespielte".

Ginge es nach mir, könnte der Alleinspieler sogar seine Spielansage ändern, solange noch keine Karte gespielt worden ist. Vielleicht wird Skat dann wieder populärer, wenn die Mitspieler bzw. Gegenspieler weniger Anlass haben, beim Alleinspieler zwecks schnellen Spielgewinns nach einem Regelverstoß zu suchen, und wenn der Alleinspieler weniger "Möglichkeiten" hat, seinen Spielverlust ganz alleine und vollkommen unbeabsichtigt herbeizuführen.
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Handlungsmotive

Beitragvon John » 12. Jul 2009 10:45

in diesem ganzen Zusammenhang drängt sich mal folgende Frage auf:

Was ist nach eurer Meinung das häufigere Motiv, warum Schiedsrichter an den Tisch gerufen werden?

Situation A: Eine Situation tritt auf, z. B. der AS spielt unberechtigt aus, vor der Spielansage, und die Mitspieler kennen die Regeln nicht gut genug, um sie selbst lösen zu können. oder

Situation B: Die GS suchen und finden einen - Miminalfehler - beim AS, der ihnen die Möglichkeit gibt, gemäß dem gültigen Regelwerk Spielverlust zu beanspruchen.

Ich will mich selbst nicht festlegen, glaube aber, dass die Diskussion in letzter Zeit diese Problematik erfreulicherweise mehr in den Mittelpunkt gerückt hat.

Schönen Sonntag!
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