Es geschah bei einem Sommerpreisskat über zwei Serien. 24 Leute spielten an sechs Vierertischen. In der 1. Serie lief es für mich hervorragend. Nach zwei Runden (acht Spiele) war ich in fünf von sechs möglichen Spielen der Alleinspieler - 5:0 Siege für mich. Am Ende der 1. Serie hatte ich über 1800 Punkte und 17:0 Spiele und lag damit in Führung. Der Zweitplatzierte saß mir mit gut 1600 Punkten noch dicht im Nacken. Doch ansonsten gab es keine hohen Ergebnisse mehr. Einige 1200er- und 1100er-Ergebnisse - das war's! Ich hatte damit schon gut 600 Punkte Vorsprung auf die Drittplatzierte.
Damit durfte ich in der 2. Serie an Tisch 1 auf Platz 1 spielen. Der Spieler zu meiner Linken war der Viertplatzierte der 1. Serie. Er ist ein ziemlich schlechter Spieler und hatte sich mit viel Glück für den Tisch der besten Vier qualifiziert. Er sollte noch einige Böcke schießen. Mir gegenüber saß die einzige Frau am Tisch. Sie lag zu diesem Zeitpunkt auf dem dritten Platz. Sie ist eine ausgezeichnete Skatspielerin. Doch sie sollte noch eine rabenschwarze Serie erwischen. Der Spieler zu meiner Rechten lag auf dem zweiten Platz. Dieser Kerl ist erst 23 Jahre jung und könnte mein Sohn sein. Doch auch er spielt hervorragend Skat.
Im 1. Drittel der 2. Serie lief es noch gut für mich. Der Zweitplatzierte der 1. Serie brachte schon ein verlorenes Spiel mit und verlor ein zweites Spiel, während ich meine weiße Weste behielt. So konnte ich meinen Vorsprung auf gut 400 Punkte ausbauen.
Im 2. Drittel der 2. Serie gelang mir nicht mehr allzu viel. Ich konnte meinen Vorsprung noch halten, aber nicht mehr weiter ausbauen. Dank eines Riesenbocks unseres schwachen Spielers gewann der Zweitplatzierte der 1. Serie einen Notgrand (er hatte sein geplantes Pikspiel ohne Zweien durch die Findung von
beim Reizwert von 30 überreizt. Ich hatte
dagegen. Muß man ihm denn mit Pik direkt in die Farbe spielen. Hätte mein linker Nachbar Herz gespielt, wäre der Grand sowas von baden gegangen. Denn gegen meine Karoflöte
hätte er nach dem Bubenabzug keine Chance mehr gehabt. Mein Partner hätte dann noch
schmieren können. So aber standen +98 Punkte (Grand ohne Einen) statt -146 Punkte zu Buche, was einer Differenz von 244 Punkten zu meinen Lasten entsprach. So mußte ich noch zwei kleine Farbspiele gewinnen, um den gewonnenen Grand meines größten Konkurrenten kompensieren zu können.
Im letzten Drittel der 2. Serie lief dann gar nichts mehr. Wegen meiner schlechten Karten spielte ich wie ein U-Boot, war beim Reizen ständig auf Tauchstation. Also mußte ich mich auf mein starkes Defensivspiel verlassen, fleißig Beton anrühren und mit dieser Spielweise meinen Hauptkonkurrenten ausbremsen. Die beiden anderen Spieler betrachtete ich von nun an nicht mehr als Gegner, sondern eher als Partner, da ihr Rückstand sich dem vierstelligen Bereich näherte. Sie waren bezüglich des Turniersieges definitiv weg vorm Fenster. Sollte ich kein gutes Blatt haben, müßte ich dafür sorgen, daß einer meiner neuen "Verbündeten" meinem größten Konkurrenten ein Spiel abreizt. Drei Runden und im ersten Spiel der letzten Runde ging diese Taktik auch noch auf. Ich konnte meinen Vorsprung immer noch halten.
Doch auf schwache Verbündete ist eben kein Verlaß. Nicht nur unser schwacher Spieler machte Probleme, auch auf unsere Klassespielerin war diesmal kein Verlaß. Bis auf vier gewonnene Spiele gelang ihr in der 2. Serie gar nichts. Selbst für ein halbwegs akzeptables Gegenspiel waren ihre Karten viel zu schwach. Wenn der Wurm erst einmal drin ist, dann ist er halt drin, und so schnell geht er auch nicht wieder raus. Und so kassierte ich (im übertragenen Sinn) drei knallharte Lebertreffer, die mich ausknockten.
(1) Im drittletzten Spiel war ich Kartengeber. Dank eines Bocks unseres schwachen Spielers in Vorhand gewann mein Hauptkonkurrent in Hinterhand einen Grand mit Dreien Schneider. Den Grand zu Fall zu bringen, war nicht möglich gewesen, aber den Schneider hätte man vermeiden müssen. 170 Punkte meines Vorsprungs waren damit futsch.
(2) Im vorletzten Spiel saß ich in Hinterhand. Unser schwacher Spieler war Kartengeber und spielte nicht mit. Mein Hauptkonkurrent in Mittelhand sagte 18 an. Ich hatte ein grottenschlechtes Blatt, und die Frau in Vorhand hatte ebenfalls nichts auf der Hand. Mein Konkurrent witterte Morgenluft und sagte einen Grand Hand an. Mit Vieren und im Schneider brachte ihm das stolze 218 Punkte ein. 388 Punkte meines Vorsprungs waren damit futsch. Noch einmal großes Nachrechnen - ganze 38 Punkte Vorsprung blieben mir noch - zitter, zitter, ... Mein Gott, war der Kerl zäh, und mir ging der Beton aus.
(3) Das 96. und entscheidende Spiel des Turniers: Von den anderen Tischen drohte längst keine Gefahr mehr, doch jetzt ging es um die Plätze 1 und 2. Noch hatte ich 38 Punkte Vorsprung auf meinen Hauptkonkurrenten, doch schon ein Karo einfach bringt 68 Punkte. Ich saß in Mittelhand mit folgenden Karten:
Ich durfte meinen einzigen Konkurrenten nicht zum Zug kommen lassen. Die bei mir fehlende Karofarbe könnte ein Hinweis auf seine starke Farbe sein. Er könnte ein Karo ohne Zweien spielen wollen, was sich bis 27 reizen ließe. In Karo wäre eine 6:3:2- oder 7:3:1-Verteilung in Trumpf sehr wahrscheinlich. In Vorhand würde mein Konkurrent solch ein Spiel sicher nicht abgeben und wahrscheinlich 77 Pluspunkte einsacken. Das mußte ich mit allen (fairen) Mitteln verhindern.
Ich entschloß mich, mein Herzspiel bis 30 auszureizen. Ich sagte 18, da paßte Vorhand. Hinterhand paßte ebenfalls. Mein Plan, den schwachen Spieler in Hinterhand das Spiel machen zu lassen, war gescheitert. Jetzt war ich Alleinspieler und ich mußte meinen letzten Konkurrenten allein aus dem Weg räumen. Also hieß die Devise, irgendein möglichst sicheres Spiel ansagen und irgendwie über die Bühne bringen. Aber Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste. Bei 18 sollte man in dieser Situation sowieso in den Skat schauen. Ich fand
und war entsetzt. Ein größerer Müll hätte nicht drinliegen können. Der Skat lieferte auch keine weiteren Informationen über den möglichen Kartensitz der Gegenspieler in Vorhand und Hinterhand. Also mußte ich ganz konventionell
drücken und auf Herz taufen. Noch 54 Augen fehlten zum Spielgewinn und zum 1. Platz beim Preisskat. Immerhin lagen mit den beiden Kreuzkarten sieben Augen im Keller. Das Drücken von Karo hätte nur drei Augen gebracht. Vier Augen waren ein bescheidener Gewinn, könnten aber den Unterschied zwischen 61 bzw. 62 Augen (Spielgewinn) und 57 bzw. 58 Augen (Spielverlust) ausmachen. Mein Blatt war nicht besonders gut und in Mittelhand sogar brandgefährlich.
war meine einzige gute Farbkarte. Sie sollte einen sicheren Stich einfahren. Meine Taktik war nun, schnell ans Spiel zu kommen - entweder mit
oder durch Stich mit der
- und dann nach der Devise "Trumpf ist die Seele des Spiels" die gegnerischen Trümpfe abzuholen, insbesondere aber
in die eigenen Stiche zu bekommen. Jetzt nahm das Unheil endgültig seinen Lauf. Nun zum eigentlichen Spielverlauf. Mein Konkurrent in Vorhand schlug mit
auf. Der 1. Stich:
Na Danke, Hinterhand vergewaltigte mein schönes
.
Nun war meine wertvollste Karte futsch. Damit kannte ich bereits fünf Karten von Vorhand:
Der 2. Stich:
Damit kannte ich bereits sechs Karten von Vorhand:
Der 3. Stich:
Na toll, ich kannte zwar alle zehn Karten von Vorhand
und damit auch alle zehn Karten von Hinterhand
Das Spiel war damit nach dem 3. Stich in meinem Gedächtnis fotografiert und vollständig geklärt. Ich hatte jetzt 23 Augen und würde auch die
bekommen und damit aus dem Schneider kommen, aber ich konnte das Spiel nicht mehr gewinnen, obwohl ich den Sitz jeder Karte kannte. Klappe zu, Affe tot!
Das Spiel brachte mir -110 Punkte und meinem großen Konkurrenten +30 Punkte, so daß ich mit einem Rückstand von 102 Punkten nur Vizemeister wurde.