Eine Albtraumserie

Für Spiele, bei denen sich die Zehennägel des Skatspielers nach hinten biegen

Eine Albtraumserie

Beitragvon mr.kite » 11. Apr 2015 02:27

Wie einen so der Hafer mal sticht beschloss ich, heute Abend mal wieder unter die Pappkartenskatspieler zu gehen. Ich suchte mir nen netten Club aus, organisierte einen Begleitschutz und schwang mich auf den Drahtesel guten Mutes, einen vergnüglichen Abend zu erleben. Doch was musste man sehen: Setzen! Immerhin einen Vorteil glaubte ich zu haben: Ich war in Begleitung unterwegs! Das bedeutete: 50%-Chance, um den Katzentisch drumrum zu kommen. Und ich kam auch drumrum - leider :( Denn schlimmer als an Tisch 2 hätte es nun wirklich nicht mehr kommen können. Als ich sah, wer sich an dem Tisch niedergelassen hatte schwante mir schon Unheil. Auf Platz 1 sitzt ein "Offensivreizer", der bei 4 verlorenen in einer Serie noch nicht über außergewöhnliches Pech klagen wird - im Gegenteil. Platz 3 nimmt eine Spielerin ein, die immer gerne die Anekdote erzählt, dass sie mal einem ihr unsympathischen Spielpartner bei 18 ein Spiel gelassen hat, bei den sie selbst 4 Buben und 2 Asse führte. Er habe dann sein Spiel verloren und sei leicht verstimmt gewesen. Neben diesen zwei angenehmen Gestalten saß an Platz 4 ein eher unangenehmer Mensch und was noch schlimmer ist, er ist Schiedsrichter. Dazu später. Nur der Spieler an Platz 2 war mir von Anfang an sympathisch. An einem normalen Tag wäre es ein schwer erträglicher Tisch gewesen. Es war aber kein normaler Tag.

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Ganz gegen meine Befürchtung ging es aber friedlich los. Ich bekam zwei Buben, vier Karos und noch ein As dazu. Nichtmal 40 Sekunden später stand eine "18" und eine "1" an meinem Platz. Spiel 2 ging erwartungsgemäß an Spieler Nummer 1. 250 Sekunden später stand bei ihm eine "-54" und ebenfalls eine "1". Spiel 3 gestaltete sich leider nicht ganz so zügig. Nach hartem Ringen darum, ob die GP nun mit 35 oder 45 Augen schneiderfrei werden wird entschloss sich der AS dochnoch abzukürzen. Da alle Trümpfe (Herz) weg waren konnte Spieler Nr. 1 recht gefahrlos aufdecken mit dem Ausspruch "Ein Stich noch auf Kreuz 10"
he10 krko krda
"Na gut" sag ich und decke ebenfalls meine Karten auf, darunter Kreuz-10 und zwei Karokarten. Spieler 4 ist damit aber gar nicht einverstanden. "Ihr wollts immer abkürzen. Spielts doch Eure Spiele zu Ende". Man denkt ja nichts böses dabei. Vielleicht habe ich am Ende etwas übersehen und die Trümpfe waren doch nicht alle weg? Der AS hat dann aber doch ein Einsehen und spielt nun Kreuz-Dame. Ich übernehme natürlich, HH spielt Pik-As. Nun spiele ich ein Karo, mein Partner wirft ab, HH sticht. Und bringt Kreuz-König. In der Erwartung, jetzt den vergessenen Trumpf zu entdecken plane ich schon in Gedanken die rechtliche Seite des Falles: Missglückte Spielabkürzung vs vorschnelle Aufgabe. Doch weit gefehlt! HH trumpft nicht, er hat noch ein kleines Pik. Ich hätte gerne meinen Gesichtsausdruck in diesem Moment gesehen. in bemüht sachlichem Ton versuchte ich hinter den Grund für dieses Weiterspiel zu kommen; die Antwort ließ mich sprachlos: "Normal ist des fei so, dass Du jetzt nichtmehr die Karte spielen darfst wie Du willst, sondern wie WIR wollen. Und nur wenn Du dann nur 1 Stich abgibst derfst abkürzen." So redet ein vom DSkV geprüfter Schiedsrichter...

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Aha, beim Abkürzen muss man also aufpassen. Gut zu wissen. Aber für mich gab es hierzu zunächst keine Gelegenheit. Spieler Nummer 1 machte wenig überraschend 10 Spiele im ersten Drittel. Das schlimme: Neun davon gewann er. Und wer ist schuld? Ich natürlich. Weil ich bin nur halb so alt, ergo doppelt so blöd. Ein Beispiel:

Der AS spielt Karo. Nach Kreuz-Einspiel und 2 Trumpf-Oberzügen halte ich noch folgende Karten:
pias piko pi09 pi08 he10 heko heda
4. ka08 ? he10 kaas -21
5. kr10 kr07 heko -35
6. krda pi07 heda -41
7. kr08 pi08 piko -45
Rest AS
war natürlich klar erkennbar, dass das GS nur verloren wurde weil nicht rechtzeitig Pik-As gezeigt wurde und damit natürlich auch Pik-10 nicht angespielt werden konnte. Klar, wie konnte ich so dämlich sein.
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Ein paar Spiele später war ich Geber und durfte Nummer 1 mal in die Karten blicken:
HH: hebu kabu kras kr10 krko krda piko heas he10 kaas
Nunja, das ist ja so schlecht nicht als Anfang. Leider ist das Spiel für 24 nicht zu haben. VH hält tapfer mit. Ein wenig überraschend tönt es "48". Immerhin, es spart Zeit. Wir sind mittlerweile 6 Spiele "hinten" (also hinter dem rechnerischen Zeitlimit). Nun, VH hält. Aha, offensichtlich ein NOH. Also direkt "72". Das hätte ich vielleicht auch gemacht. Nach dem Passen von VH würde man nun eine Aktion erwarten. Aber erstmal passiert - nichts. "Was is denn nu?" "72 ist doch klar" "Also was?" "Grand-Hand natürlich". Meiner bescheidenen Meinung nach muss man dieses Spiel nicht unbedingt Hand spielen..., aber jeder ist seines Glückes Schmied. Und der Spielverlauf gibt HH recht:
1. pias pida piko
2. kr07 kr09 kras (oder ein anderes Einspiel, ich weiß es nicht genau)
Nun wird es spannend ... und spannend ... und spannend ... und spannend.
Na nun doch:
3. kr10
...
...
Ja nun, warum musste dieses Spiel von Ansage bis Ende über 2 Minuten dauern?
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Mittlerweile sind wir 8 Spiele zurück. Grund dafür ist, dass ich meine Karten nicht ordnungsgemäß einzeln, sondern im 10er-Pack aufnehme. Denn schließlich sind die anderen schnelle Spieler. Kann dementsprechend nur an mir liegen. Daher: Strategiewechsel. Wenn ich AS bin dauert zumindest Drücken und Ansagen nicht so lange... Frei nach dem Motto: Ein Bube ein As = 72 legte ich auch gleich los. Und tatsächlich, es liegt ja was drin. Zum Grand eröffne ich mit dem Alten:
1. krbu he08
HH führt pibu hebu und 8 andere Karten. Eine schwierige Situation. Unter Berücksichtigung des Karma des Lokals und der Position des Uranus könnte vielleicht Herz-Bube richtig sein. Aber wie der gute alte Baumbart schon immer sagte "Not so hasty". Meine Geduld war leider schon etwas strapaziert, daher ließ ich mich zu einem Kommentar hinreißen: "Na komm, leg Deinen Buben dass weiter geht." Das hätte ich nicht tun sollen. Wir jungen Leute sollten einfach ein wenig Anstand und Manieren lernen und so weiter und so weiter... Mir kam carpe diems Satz in den Sinn "Niveau sieht nur von unten wie Arroganz". Ich ließ ihn stecken. Aber spätestens jetzt war der Drang, einfach schreiend aus dem Lokal zu rennen doch recht mächtig.

Aber das Gute: Auch diese Serie war irgendwann vorbei. Letzten Endes wurde uns übrigens nichtmal die Liste weggenommen. Weil ja ein Gast mitspielt (den man nebenbei bemerkt gerne verpflichten würde in die Regionalliga-Mannschaft gemeinsam mit Nummer 3 und 4 zu gehen. Ich habe dankend abgelehnt ;) )hat man wohl davon Abstand genommen. Schade, es hätte 15 Minuten Horror erspart.

Und dann kam ja die zweite Serie. Mit neuen Spielpartnern. Und inklusive "Nachspielzeit" wurde es dann dochnoch der erhoffte schöne Skat(teil)abend.

Achja, ein Ergebnis hatte ich ja auch noch. 10xx 14:3 wird es ungefähr gewesen sein. Aber wen interessiert das noch?
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Re: Eine Albtraumserie

Beitragvon grunzquiek » 11. Apr 2015 02:56

Wieso steht denn das im Mülleimer? Ich habe hier selten so gelacht! :mrgreen:
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Re: Eine Albtraumserie

Beitragvon Micha28 » 11. Apr 2015 10:23

:D bitte mehr
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Re: Eine Albtraumserie

Beitragvon Andner68 » 13. Apr 2015 13:52

genau mr. kite, wir machen crowdfunding und Sponsoren deine wöchentliche regelmäßige Teilnahme in diesem Club Deiner Wahl und die einzige Bedingung ist nicht, dass Du Deine Gewinne teilen musst, Nein nur regelmäßig Bericht erstatten über die Erfahrungen am Spieltisch.
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Re: Eine Albtraumserie

Beitragvon Gerd W. » 13. Apr 2015 19:17

Hallo,

ganz so spektakuläre Erlebnisse kann ich leider nicht beitragen, aber eine Begebenheit vom letzten Preisskat möchte ich euch nicht vorenthalten:
2. Serie, etwa 4 Kästchen sind gespielt, nach der ersten Serie hatten alle über 900 Punkte, einer sogar 1500.
Als Kartengeber erlebe ich folgende Episode:
MH sagt 18, VH überlegt gefühlt 1 Minute. MH lauter: 18!! 2x 18 ist 36! (Ein Oberlehrer).
VH sagt, 36 habe ich nicht, kannst spielen. HH passt ebenfalls.
MH nun: ich habe nur 18 gesagt. VH und MH streiten sich nun gefühlte 5 Minuten, dann fragt MH in die Runde, wie die anderen 2 das sehen. Beide haben 36 gehört, stellen aber keine Ansprüche. MH schaut nun missmutig in den Skat, drückt und sagt Grand an, welcher sogar Schneider wird.
Anschließend wird weiter diskutiert und provoziert.
Einige Spiele weiter greift MH VH während des Mischens in die Karten, welche dabei auf den Boden fallen.
VH sagt: Nun musst du geben! Schließlich hebt MH die Karten auf und VH gibt gönnerhaft.
Dabei bietet man sich gegenseitig an sein Bier über den Kopf zu gießen.

Am Ende waren alle 4 im Geld aber nur der Sieger (HH) nahm noch seinen Preis in Empfang.
Die anderen hatten das Lokal bereits verlassen.

mfg
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Re: Eine Albtraumserie

Beitragvon Hintereisen » 14. Apr 2015 08:24

Was für - sorry - Deppen sich doch alles im Preisskat wiederfinden.
Wer spielt denn bitte freiwillig mit solchen Typen?
Wer vor 27 passt, der mauert!
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Re: Eine Albtraumserie

Beitragvon tommy » 15. Apr 2015 06:15

da fällt mir nur ein Wort ein: Sandkastenskat
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Re: Eine Albtraumserie

Beitragvon mr.kite » 17. Apr 2015 10:42

Andner68 hat geschrieben:genau mr. kite, wir machen crowdfunding und Sponsoren deine wöchentliche regelmäßige Teilnahme in diesem Club Deiner Wahl und die einzige Bedingung ist nicht, dass Du Deine Gewinne teilen musst, Nein nur regelmäßig Bericht erstatten über die Erfahrungen am Spieltisch.

Na gut, so können wir das Aufziehen...
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Re: Eine Albtraumserie

Beitragvon schwammerlprinz » 20. Apr 2015 10:47

Michi erlebt diese Highlights ja nur alle paar Monate,ich hab jede Woche das Vergnügen.Aber zu unserer Ehrenrettung,wir haben auch ein paar Vernünftige im Club.Michi war tapfer,ich hätte bei diesem Tisch Bauchschmerzen vorgetäuscht und wär ein Eis essen gegangen.
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