Gerade im Mannschaftsspiel neige ich ja auch dazu, den sicheren Spatz der fernen Taube vorzuziehen (und ich bin mir auch sicher, dass starke Mannschaften mit dieser Spielweise besser fahren), aber man kanns auch übertreiben mit dem Sicherheitsbedürfnis. Wenn nicht eine taktische Sondersituation vorliegt (klare Anweisung, keinen mehr zu verlieren), ist das Carpe-Spiel für mich ein absoluter Pflichtgrand. Allerdings nur mit 7 Augen im Stock und Aufschlag Bubenabzug sowie Fortführung über
.
Deutlich anders zu bewerten ist da schon der Grand von HelAu. Der mag laut Datenbank ähnliche Prozente haben, ist aber für die Gegenpartei u.U. ganz leicht zu spielen. Hier zeigt sich, was Datenbanken leisten können bzw. was sie eben auch nicht leisten können. Eine Datenbank errechnet Gewinnaussichten in erster Linie nach Verteilungswahrscheinlichkeiten. Was sie aber nur ungenügend berücksichtigen kann, ist die Spielbarkeit von eben diesen Verteilungen.
Es gibt bei Carpe's Spiel sicher eine Vielzahl an Verteilungen, bei denen ein Spielverlust möglich ist, aber die sind bei einem geschlossenen Spiel fast nicht zu finden. Das Problem ist, dass der Spieler, der Pik frei ist, zwingend die
laden muss, damit ein Spielverlust überhaupt möglich ist. Hat er von jeder anderen Farbe einen Vollen - sonst geht das Spiel ohnehin nicht - wird er dies aber fast nie tun. Jeder halbwegs versierte Spieler würde es vorziehen, ein Ass zu laden, da er bei der erkennbar langen Pikfarbe und den ebenfalls geklärten drei Buben des AS zu annähernd hundert Prozent ausschließen kann, dass dieser eine bestellte 10 in der Hand hält (Ausnahme: sie ist mit dem K bestellt, und dann dürfte ein Spielgewinn der Gegenpartei außer gegen einen Verrückten so gut wie ausgeschlossen sein).
Hier gilt übrigens, je stärker die Spieler, desto wahrscheinlicher wird der AS trotz einer Verteilung, die eine Spielwiderlegung möglich macht, sein Spiel gewinnen. Haben sie lediglich Kneipenskaterniveau, gewinnt man ihn auch so gut wie immer, gefährlich wirds eigentlich nur, wenn man es mit Gegnern zu tun hat, die sich grundsätzlich scheuen, ungeklärte Asse zu schmieren, ohne auch nur im Ansatz darüber nachzudenken, ob dies der Spielsituation angemessen ist oder, wenn der pikfreie Spieler kein Ass, sondern nur die drei 10en führt. Aber selbst dann ist die Chance noch bei 66 Prozent, dass er die falsche trifft.
Beim EnDeux allerdings, bei dem im ersten Stich die Karten des Blinden aufgedeckt werden, würde ich den sicheren Pik bevorzugen, da das Argument der "annähernden Unspielbarkeit" für die Gegenpartei entfällt. Beim offenen Spiel dürfte also die Wahrscheinlichkeit des Spielverlustes bei den beiden Grands tatsächlich recht ähnlich sein. Beim geschlossenen Spiel ist der von Carpe eindeutig vorzuziehen.
Es grüßt der Monsieur