Du hast es fast auf den Punkt getroffen, Primrose.
Mal davon abgesehen, dass - ich kann es nur immer wieder betonen - die doppelte Gegenfarbe nicht einheitlich gehandhabt wird (wobei ich den Eindruck habe, dass sich eure Handhabung langsam durchsetzt), gibt es ein klares Motiv, dass ich weder die
einfache noch die
doppelte Gegenfarbe angezeigt habe. Den ersten Grund hat Primrose genannt. Ich kann bei dem Ausspiel die Abzugsmöglichkeit nicht erkennen. Selbst das kurze Warten meiner Partnerin signalisierte mir nur, dass sie 2 Buben hat, nicht aber welche. Da AS eher selten mit Karo und Pik B einen Wenzel ausspielen, muss ich sogar damit rechnen, dass kein Abzug möglich ist. Wenn ihr euch jetzt mein Blatt anschaut, seht ihr sofort, in welchem Dilemma ich mich befand.
Natürlich kann ich jetzt die Herz Lusche "wimmeln", um mein Ass anzuzeigen. Aber ich vermutete, dass wir selbst, wenn meine Partnerin den Herz B führt, knapp nicht hinkommen. Eine Vermutung, die sich auch bestätigen sollte. Der AS hatte zwei Könige gelegt und hätte sein Spiel mit 61 Augen gewonnen (wir machen 12 Augen auf die Buben, 24 auf die Karo, meine Partnerin kann 20 Augen schmieren und der AS gibt eine D ab = 59).
Den Pik K zu dritt aber wollte ich im ersten Stich noch nicht auflösen, falls kein Bubenabzug möglich ist. Da ich Herz blank habe, lag die Vermutung nahe, dass meine Partnerin die Farbe nicht kurz haben dürfte. Denn, wenn der AS drei Asse mit einer langen Ass 10 Farbe hätte, macht das Ausspiel des Buben keinen Sinn. Insofern habe ich darauf gesetzt, wenn der Bubenabzug doch kommt und meine Partnerin nun den anderen schwarzen K sieht, sie - wie es Primrose so schön umschrieben hat - im Gewinnsinne ihre kurze rote Farbe öffnet. Auch Carpe hat ja schon zurecht darauf hingewiesen, dass mit drei eigenen Herz über diese Farbe wohl kein Staat zu machen ist.
Ich habe dieses Spiel auch deshalb reingestellt, weil es mein ewiges Plädoyer einmal mehr wunderbar unterstreicht, dass das Erlernen von Motiven bei weitem nicht reicht. Motive sind nur dann wirklich hilfreich, wenn sie mit Sinn und Verstand angewendet werden. Ich hatte am Do mal wieder das zweifelhafte Vergnügen mit einem Vertreter der Nach-oben-buckeln-nach-unten-treten-Fraktion, der gleichzeitig auch ein echter Anzeigefetischist ist. Der erzählte mir nach jeder geschmierten 10 ganz stolz, dass er damit auch sein Ass angezeigt hätte und wunderte sich, dass er von mir kein Kompliment sondern nur ein Ich-halts-nicht-mehr-aus-Stöhnen erntete (Alkohol kann ein Segen sein). Dieser Mensch hat in dieser Liste gefühlt 150 mal unter Ass ausgespielt. In seiner VH zu sitzen ist ein Traum. Ihr dürft mal raten, wieviele Spiele der Glückspilz verloren hat, der in dieser Position saß. Aber Asse anzeigen kann er perfekt und über die doppelte Gegenfarbe hält der Mann einen halbstündigen Vortrag aus dem Stand.
Es grüßt der Monsieur