Schelldaus hat geschrieben:vor vielen, vielen Jahren, da kostete das Bier in der gemütlichen Gartenkneipe sage und schreibe 40 Pfenning und der Schnaps eine Mark und zwanzig Pfennige. Da wurde so manch seltsamer Grand gespielt
Yeah, those were the times
Aber: Seltsame Grands werden heutzutage noch viel mehr gespielt. Das Internet hat schon so einige Wunderspiele hervorgebracht...
Gegen derartige Spiele kann man aber keine Strategie entwickeln. Die löst man halt im Laufe des Spiels oder man löst sie manchmal eben auch nicht. Das ist wie beim Nullspiel. Ich kann doch meine Spieleröffnung nicht darauf ausrichten, dass der AS ein blankes Ass oben hat. Ich muss doch versuchen, "realistische" Motive wie 8, 9 oder 7, 10 oder 7, 8, D zu widerlegen. Würde ich auf ein blankes Ass beim AS spielen, müsste ich doch mit einer Farbe starten, in der ich 7, 8, 9 habe, weil es da am wahrscheinlichsten ist.
Beim Grand spiele ich auch auf Motive. Das 32-Augen-Schmier-Motiv von ohne11 ist ein gutes Beispiel. Dabei muss jedoch die Ausgangslage berücksichtigt werden. Spielt ein Spieler bei 18 einen freiwilligen Grand und hat keinen Ruf als extremer Hasardeur, sollte ich ihm in der Regel schon ein ordentliches Spiel geben (Ausnahme: sein Farbspiel wäre noch schwächer als sein schwacher Grand).
In diesem Fall kann der Grand natürlich durch die hohe Reizung erzwungen sein. Dein exemplarisches Blatt ist durchaus denkbar, weil kein normaler Mensch ein Spiel mit drei Besten, zwei Assen und einer 10 hergeben würde. Aber für derlei schwächere Blätter kann man zig Beispiele finden. Als Ausspieler befinde ich mich diesbezüglich in einem Rathaus. Tommy hat daraus folgende Schlussfolgerung gezogen:
tommy hat geschrieben:Letzendlich kann hier aber wie so oft fast jede Karte die genau richtige sein...ich denke diese Grand was spielt ihr im ersten Stich Aufgaben sind die wo man am meisten auf ein glückliches Händchen angewiesen ist und darum ist es Quatsch andere Meinungen versuchen zu widerlegen
Dem stimme ich im Prinzip durchaus zu, in diesem Beispiel jedoch nicht. Denn gerade weil mir bewusst ist, dass ich bei der hohen Reizung und dieser extremen Kartenverteilung vermutlich eine gute Chance auf einen Spielgewinn habe, suche ich doch nicht im ersten Stich eine Entscheidung, sprich ich stelle doch die Karte nicht auf eine ganz bestimmte Konstellation.
Das Ausspiel von Karo ist genau diese Entscheidungssuche im ersten Stich. Es baut ausschließlich darauf, dass es einen wertvollen Abstich gibt. Kommt der nicht, hat man mit Zitronen gehandelt. Kommt er, ist aber gar nicht nötig, um zu gewinnen, hat man zwar nichts falsch, aber auch nichts richtig gemacht (weil andere Karten das Spiel auch widerlegt hätten). Ist aber der Abstich tatsächlich nötig für den Spielgewinn, darf bezweifelt werden, ob der AS ihn zulässt, da der Plan hinter diesem Spielzug bei der Reizung allzu durchsichtig ist. Und wenn der Karo K im Stock liegt - was immerhin mit einer Wahrscheinlichkeit von über 50 % der Fall ist - ist das Ausspiel sowieso ein kompletter Totalschaden.
Da ist das Kreuz Ass von Carpe schon deutlich besser. Funktioniert sein Weg, ist es vielleicht die einzige Siegchance. Das wäre dann ein klarer Mehrwert. Aber auch wenn sein Weg nicht funktioniert, muss es nicht verkehrt sein. Es setzt also wenigstens nicht nur auf eine ganz bestimmte Gewinnmöglichkeit. Dennoch sehe ich es auch als klaren Fehler an, da es bei mehreren durchaus realistischen Konstellationen den AS sofort zum Sieger kürt.
Der Karo B ist für mich hier alternativlos, da er mit Abstand am wenigsten kaputt machen kann. Dazu kann er sogar zum Siegzug werden, wenn der Partner einen blanken Kreuz führt. Primrose hat schon mehrfach vollkommen zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass so ein Forum und erst recht diese Rubrik dazu verführen, Extremstellungen zu vermuten und deshalb zu höchst ungewöhnlichen Ausspielkarten zu tendieren (das Spiel würde ja hier nicht stehen, wenn der banale Karo B es widerlegen würde). Aber auch wenn er in diesem Beispiel falsch sein dürfte, er ist die einzig richtige Karte. Denn wenn es hundert gewinnbare Gegenspiele gäbe, würde er in achtzig davon gewinnen. Keine andere Karte hätte auch nur annähernd diese Quote.