von Skatkommentator » 21. Okt 2009 07:06
Die nachfolgenden Fragen will ich mir demnächst vom ISkG beantworten lassen. Wer Anmerkungen zu den Fragen hat (sie z. B. aus irgendwelchen Gründen nicht für "einschickungsbedürftig" hält oder erweitern möchte oder mir einen grundlegenden Irrtum aufzeigen möchte) oder selbst noch andere Fragen hat, darf sich hier gerne äußern.
1. Sind „Null“ und „Null Ouvert“ zwei unterschiedliche Spielgattungen, wie 2.1.2 ISkO dies nahelegt? Bedeutung erlangt diese Frage im Rahmen von 3.4.4, 3.4.5 ISkO. Beispiel: Der Alleinspieler kommt bei „23“ ans Spiel und sagt nach Skataufnahme und dem Drücken von zwei Karten einen „Null-Hand“ an. Darf der Alleinspieler nun einen „Null Ouvert“ ansagen oder ist er jetzt wegen 3.4.4, 3.4.5 ISkO auf die Spielansage „Null“ festgelegt (mit der Folge des Spielverlusts, wenn vorliegend mindestens „24“ gereizt worden wären)?
2. Wann ist ein Spiel „ordnungsgemäß eingetragen“ im Sinne von 3.2.11 S. 2 Var. 1 ISkO? Konkret: Ist ein Spiel „ordnungsgemäß“ eingetragen im Sinne von 3.2.11 S. 2 Var. 1 ISkO, wenn (alternativ) a) das letzte Spiel dem falschen Spieler angeschrieben wurde? b) das letzte Spiel dem richtigen Spieler falsch (falsche Spielgattung; zu hoher oder zu geringer Wert) angeschrieben wurde? Kann ein Spiel überhaupt „ordnungsgemäß eingetragen“ werden im Sinne von 3.2.11 S. 2 Var. 1 ISkO, wenn es vom falschen Mitspieler gegeben wurde?
3. Laut SkGE 320-2008 muss derjenige, der während des Reizens ein Spiel „ansagt“, ein Spiel dieser Gattung ansagen und durchführen, wenn er Alleinspieler wird. Gilt das aber auch, wenn die anderen Spieler nach der „Spielansage“ weiterreizen und diese sogar (zeitweise) überbieten? Beispiel: Vorhand passt auf die „18“ von Mittelhand. Daraufhin bietet Hinterhand, die alle vier Buben hat (aber keine Asse), „Pik“, die Mittelhand hält; beide gehen hierbei stillschweigend von einem Reizwert von „22“ aus. Schließlich reizt Hinterhand ganz normal weiter, bekommt das Spiel aber erst bei „60“. Muss Hinterhand hier einen „Pik-Hand“ mit vier Spitzen spielen oder kann sie nun auch (bei Skataufnahme und entsprechender Findung) auf ein Grandspiel umsteigen?
4. Sind Reizgebote über „265“ genauso wie Reizgebote unter „18“ als Passen zu werten?
5. 4.1.3 S. 2 ISkO ordnet für eine Partei Spielgewinn mit den bis dahin eingebrachten Augen an (was an 4.3.6 ISkO erinnert), wenn die andere Partei nach Spielentscheidung unberechtigt ausspielt. Andererseits verweist 4.1.3 S. 2 ISkO aber auch auf 4.1.4 ISkO. Daraus resultiert folgende Frage: Wenn eine Partei während des Spiels bereits mindestens 90 Augen erlangt hat und die andere Partei daraufhin unberechtigt ausspielt (oder einen anderen Regelverstoß begeht oder das Spiel [wahlweise mit Hilfe von 4.3.6 ISkO] aufgibt), hat dann die regeltreue Partei das Spiel (grundsätzlich) „einfach“ (wegen des Verweises auf 4.1.4 ISkO) oder mit der Gewinnstufe „Schneider“ (wegen des Hinweises auf die Augen) gewonnen? Hintergrund: Zwar kann die regeltreue Partei im ersten Fall (grundsätzlich „einfacher“ Spielgewinn) gemäß 4.1.6 ISkO Weiterspiel verlangen, um die anvisierte(n) Gewinnstufe(n) (sicher) zu erreichen, allerdings kann sie die Gewinnstufe(n) dann noch verspielen, wenn sie vor Spielende selbst einen Regelverstoß begeht (was allerdings nur relevant wird, wenn der Alleinspieler vorliegend die Gegenpartei „Schwarz“ spielen will). Es geht im Endeffekt also um die Frage, ob die Gewinnstufe „Schneider“ bereits während eines Spiels erreicht werden kann (und nicht erst mit Spielbeendigung), und wenn ja, ob diese einmal erreichte Gewinnstufe „Schneider“ durch Regelverstoß oder Spielaufgabe der anderen Partei (vorübergehend) aufgehoben werden kann oder nicht.
6. Fragen zu 4.1.4 S. 2 ISkO neue Fassung (soll auf dem nächsten Skatkongress beschlossen werden), 4.2.6 S. 2 ISkO ("Eine höhere Gewinnstufe erfordert den Nachweis, dass sie bei regelgerechtem Spiel sicher erreicht worden wäre."):
a) Ist der Nachweis anhand der konkreten Kartenverteilung zu erbringen (und damit nicht unter Berücksichtigung aller theoretisch möglichen Kartenverteilungen wie bei 4.3.5 ISkO)?
b) Ist, wie der Begriff „sicher“ impliziert, der Nachweis mit offenen Karten aller Spieler (also auch der Gegenspieler) zu erbringen?
c) Ist der Nachweis tatsächlich im Spiel zu erbringen (dann können die Gegenspieler noch Fehler machen) oder anhand einer fiktiven Betrachtung unter Berücksichtigung des bestmöglichen Gegenspiels?
d) Müssen 4.1.4 S. 2 ISkO neue Fassung, 4.2.6 S. 2 ISkO auf Fälle beschränkt werden, in denen der fragliche Regelverstoß erst nach Spielentscheidung (zugunsten des Alleinspielers) begangen wird, weil es für den Alleinspieler vorteilhafter sein könnte, Weiterspiel nach 4.1.6 ISkO zu verlangen (anstatt sich auf 4.1.4 S. 2 ISkO neue Fassung bzw. 4.2.6 S. 2 ISkO zu berufen), er dabei aber das Risiko eingeht, sein Spiel noch zu verlieren?
e) Muss man im Rahmen von 4.2.6 S. 2 ISkO verlangen, dass der Alleinspieler auch dann die gewünschte Gewinnstufe sicher erreicht, wenn die Gegenpartei (gedanklich) eine beliebige Karte verschiebt (oder so viele Karten, wie eben nötig sind), um die richtige Kartenverteilung wiederherzustellen? Hat z. B. ein Gegenspieler 11 Karten und der andere Gegenspieler 9 Karten, muss der Alleinspieler dann die gewünschte Gewinnstufe unabhängig davon sicher erreichen können, welche Karte der Gegenspieler mit 11 Karten dem Gegenspieler mit 9 Karten (bei einer hypothetischen Betrachtungsweise) gibt? Selbst wenn ja: Muss bei Erbringung des Nachweises vorrangig, sofern möglich, der Zustand bzw. die Kartenverteilung vor Begehung des Regelverstoßes wiederhergestellt werden (was aber nur gelingen dürfte, wenn der Alleinspieler den Regelverstoß sofort bemerkt)?
7. Sind 4.1.5 ISkO und 4.1.6 ISkO (genauso wie 5.4.3 ISkO laut ISkG-Rechtsprechung) auf Spielaufgaben zu erweitern?
8. Ist im Rahmen von 4.1.8 ISkO auch die „Unmittelbarkeit der drohenden Begehung eines Regelverstoßes“ zu berücksichtigen? Denn immerhin ist, wenn ein Gegenspieler in Richtung seines Partners Sätze von sich gibt wie z. B. „Bediene bloß richtig!“, praktisch nie festzustellen, ob wirklich die Begehung des fraglichen Regelverstoßes gedroht hat. Sofern besagtes Unmittelbarkeitskriterium tatsächlich zu berücksichtigen ist, wie eng oder weit ist dieses Kriterium zu verstehen? Beispiel: Der Alleinspieler in Vorhand ist gerade damit beschäftigt, zwei Karten zu drücken, während Gegenspieler 1 in Mittelhand eine Karte verdeckt vor sich ablegt (z. B. weil er ahnt, was der Alleinspieler spielen und ausspielen will, und daher schon zu wissen glaubt, was er selbst beigeben möchte). Als der Alleinspieler nach dem Drücken ein Spiel ansagt und eine Karte ausspielt, sagt Gegenspieler 2 zu Gegenspieler 1, er solle die Karte aufnehmen. Hier droht prinzipiell ein Verstoß von Gegenspieler 1 gegen 4.2.6 S. 1 ISkO, wenn er die Karte nicht vor der Beigabe einer (anderen) Karte in den Stich aufnimmt. Wie sieht es aber mit besagter Unmittelbarkeit aus, wenn Gegenspieler 1 noch überhaupt keine Anstalten gemacht hat, eine Karte (d. h. eine andere als die abgelegte) in den Stich beizugeben? Oder wäre hier zu argumentieren, die Unmittelbarkeit sei schon gegeben, gerade weil Gegenspieler 1 jetzt mit der Beigabe einer Karte an der Reihe sei, und weil Gegenspieler 2 damit dem Alleinspieler die „Chance genommen“ hat, dass Gegenspieler 1 den Regelverstoß begeht?
9. Wie muss 4.3.4 S. 1 ISkO verstanden werden? Es gibt nämlich in Verbindung mit 4.3.4 S. 2 ISkO zwei Deutungsmöglichkeiten hinsichtlich des Verhältnisses von Spielabkürzung ohne einschränkende Erklärung und Spielabkürzung mit einschränkender Erklärung: a) „Hat der Alleinspieler bei einer Spielabkürzung ohne Erklärung nicht alle weiteren Stiche gemacht oder ist bei einer Spielabkürzung des Alleinspielers mit Erklärung diese nicht zutreffend, ist das Spiel beendet und die Bestimmungen 4.1.3 bis 4.1.6 ISkO gelten entsprechend“; b) „‚Ohne Abgabe einer zutreffenden Erklärung‘ ist so zu verstehen, dass der Alleinspieler bei einer Spielabkürzung ohne Erklärung oder mit unzutreffender Erklärung alle weiteren Stiche machen muss.“ Gilt erstere Deutungsmöglichkeit, wie die Skatgerichtsrechtsprechung es nahelegt? Die letztere Deutungsmöglichkeit hätte nämlich zur Folge, dass der Alleinspieler, der sein Spiel (vor Spielentscheidung) mit einer unzutreffenden Erklärung abkürzt, sich den Spielgewinn (und gegebenenfalls höhere Gewinnstufen) noch dadurch sichern könnte, dass er wider Erwarten (also aufgrund eines Irrtums doch noch) alle weiteren Stiche macht (was nach der ersten Deutungsmöglichkeit nicht ginge). Letztlich geht es hier ganz allgemein um die Frage, ob der Alleinspieler sein Spiel durch eine Spielabkürzung mit unzutreffender Erklärung verlieren kann, obwohl er alle weiteren Stiche macht.
10. Führt ein Irrtum des Alleinspielers bei der Spielabkürzungserklärung über die von der Gegenpartei erreichten Augen generell zum Nichtzutreffen seiner Erklärung? Oder tut er das nur, wenn der Irrtum über die Augen zwangsläufig mit einem Irrtum über die Gewinnstufen einhergeht? Würde Letzteres gelten, wären jedenfalls z. B. die beiden jeweils nicht zutreffenden Spielabkürzungserklärungen „Ihr macht keinen Stich mehr und seid ‚Schneider‘“ (hinsichtlich der Gewinnstufe „Schneider“) und „Ihr macht keinen Stich mehr und habt 30 [- x] Augen“ (hinsichtlich der Augenzahl und damit indirekt bezüglich der Gewinnstufe „Schneider“, wenn die Gegenpartei mehr als 30 Augen hat) demnach gleich zu behandeln.
11. Im Rahmen von 5.4.3 ISkO ist klar, dass dem Alleinspieler jedenfalls jede theoretisch mögliche Kartenverteilung zugutekommt, die es ihm trotz hypothetisch bestmöglichen (bzw. einzig möglichen) Gegenspiels erlaubt, zu verhindern, dass er sich überreizt hat. Fraglich ist nun jedoch: Muss dem Alleinspieler auch das hypothetisch schlechtmöglichste Gegenspiel zugutekommen? Beispiel: Der Alleinspieler glaubt aus Regelunkenntnis, dass er einen „Grand Ouvert“ nur „einfach“ gewinnen muss, und legt schließlich einen „Grand Ouvert“ mit vier Buben und „Herz-10, Herz-9“ als einziger Schwachstelle auf, woraufhin ein Gegenspieler, der sich veralbert fühlt, die Karten offen hinwirft. Hier existiert eine theoretisch mögliche Kartenverteilung, die es dem Alleinspieler ermöglicht, die Gewinnstufe „Schwarz“ zu erreichen (und zwar mit „Herz-Ass“ und „Herz-König“ im Skat und blank sitzender „Herz-Dame“). Wenn der Alleinspieler aber im gleichen Fall nur „Herz-10, Herz-8“ als einzige Schwachstelle hat, entgeht er den Folgen von 5.4.3 ISkO nur, wenn man ihm das schlechtmöglichste Gegenspiel (hier durch den fingierten Abwurf mindestens einer Herz-Karte) zugutekommen lässt.
12. Zwecks Klarstellung: Manche Leute bezweifeln, dass das Erreichen der Gewinnstufe „Schwarz“ im Rahmen von 5.4.3 ISkO theoretisch möglich ist, wenn der „Kreuz-Bube“ im Skat liegt, da der Alleinspieler ihn im Spiel gar nicht hätte einsetzen und damit die Gewinnstufe „Schwarz“ im (regelkonformen) Spiel gar nicht hätte erreichen können. Allerdings müsste bei 5.4.3 ISkO eine hypothetische Betrachtung vorgenommen werden, die wegen 2.4.2 S. 1 ISkO dazu führt, dass die Gewinnstufe „Schwarz“ theoretisch möglich ist, obwohl sich der „Kreuz-Bube“ im Skat befindet (zumal die Gegenpartei gerade durch ihren Regelverstoß das Recht verloren hat, zu zeigen, dass der Alleinspieler bei regulärem Spielverlauf die Gewinnstufe „Schwarz“ nicht hätte erreichen können, weil sich der „Kreuz-Bube“ im Skat befand). Ist diese Überlegung zutreffend?